Tipps für die medizinische Rehabilitation
Rehabilitation, kurz Reha, bezeichnet eine Wiedereingliederung. In der Medizin meint man damit Maßnahmen, die darauf abzielen, körperliche, psychische und soziale Folgen einer Behinderung, Aktivitätseinschränkung oder Störung der Teilhabe auf ein Minimum zu beschränken.
Neben der medizinischen Rehabilitation gibt es auch noch die berufliche Rehabilitation (mehr erfahren) und die noch neue, nicht weit verbreitete mobile Rehabilitation.
Übersicht
- Wann besteht ein Anspruch auf eine Rehabilitation?
- Was beinhaltet eine Rehabilitation?
- Tipps für den Reha-Antrag
- Wer ist der zuständige Leistungsträger?
- Welche Reha-Klinik ist die richtige?
- Ambulante oder stationäre Rehabilitation?
- Mit Kindern zur Reha
- Was tun, wenn der Reha-Antrag abgelehnt wird?
- Wie tragen Betroffene dazu bei, dass eine Reha gelingt?
- Einzel- und Gruppentherapien
- Wie geht es nach der Reha weiter?
Nach einem Unfall, einer Operation oder einer schweren Erkrankung wieder auf die Beine zu kommen, zu lernen, besser mit einer chronischen Erkrankung zu leben, oder Hilfe, um berufstätig oder im Alter selbstständig zu bleiben – Gründe für eine medizinische Rehabilitation gibt es viele. „Der Rehabedarf richtet sich nach den Funktionsstörungen, die durch eine Erkrankung eingetreten sind. Die ursächliche Krankheit ist dabei nicht ausschlaggebend. Daher gibt es für die Beantragung einer Reha keine Diagnoseliste“, erklärt Katja Braubach von der Deutschen Rentenversicherung Bund, einem der größten Leistungsträger für medizinische Rehabilitationen.
Wann besteht ein Anspruch auf eine Rehabilitation?
In vielen Fällen ist der Weg zur Rehabilitation praktisch vorgezeichnet – etwa nach bestimmten schweren Erkrankungen wie Krebs, nach größeren Eingriffen, etwa einer Gelenkoperation, oder nach schweren Unfällen. Meist halten die behandelnden Kliniken oder Ärzte bereits die Formulare für eine Rehabilitation bereit beziehungsweise übernehmen die Antragstellung.
Steht dagegen eine chronische Erkrankung wie Rheuma im Fokus, gibt es viele mögliche Zeitpunkte für eine Rehamaßnahme. Dr. Martin Gehlen, Chefarzt der Klinik Der Fürstenhof in Bad Pyrmont, glaubt, dass immer noch zu wenige Rheumatologen das Thema Rehabilitation ausreichend beachten. „Mein Gefühl ist, dass zu viele Ärzte zu spät an Rehamaßnahmen denken. Ich glaube, man kann sehr viel sehr positiv beeinflussen, wenn eine Reha frühzeitig im Krankheitsgeschehen abläuft. Das gilt vor allem für berufstätige jüngere Menschen, die mit ihrer Erkrankung zwar in der momentanen Situation noch klar kommen, wo aber absehbar ist, dass es zu Problemen und möglicherweise zur Erwerbsunfähigkeit kommen wird.“
Was beinhaltet eine Rehabilitation?
In einer Rehamaßnahme erfolgt nicht nur eine engmaschige Therapie, etwa mit Physiotherapie, Ergotherapie, Bewegungstherapie, Balneotherapie und einer Überwachung sowie gegebenenfalls einer Veränderung der medikamentösen Therapie. Es erfolgt auch eine Beratung für den Erhalt der Erwerbsfähigkeit – und unter Umständen können gleich von der Rehaklinik Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben beantragt werden. „Aus meiner Sicht ist es hilfreich, diese Hilfen frühzeitig zu geben, und nicht erst, wenn der Betroffene schon sehr lange krankgeschrieben ist“, betont Dr. Gehlen.
Marion Rink, Vizepräsidentin der Deutschen Rheuma-Liga und selbst von Rheuma und einer Krebserkrankung betroffen, glaubt ebenfalls, dass zu wenige Ärzte eine Reha von sich aus vorschlagen. Denn selbst wenn der Arzt Physiotherapie oder Ergotherapie so verordnet, dass zwei Termine pro Woche erfolgen sollen, heißt das noch lange nicht, dass diese zwei Therapien pro Woche auch erfolgen können. Denn gerade bei Therapeutenmangel vor Ort fällt es Betroffenen oft schwer, genügend Termine für ihre Therapien zu erhalten – beziehungsweise auch die Fahrten zu organisieren, wenn sie selbst nicht mehr ausreichend mobil sind. „Idealerweise hat auch der Arzt einen Blick darauf, ob Betroffene vor Ort ausreichend Heilmittel erhalten. Wenn nicht, kann das bereits ein Grund für eine Rehamaßnahme sein.“
Tipps für den Reha-Antrag
Wer sich für eine Reha entscheidet oder vom Arzt eine Empfehlung dazu bekommt, muss zunächst die entsprechenden Anträge ausfüllen. Die gesetzlichen Krankenkassen oder die Rentenversicherung Bund schickt diese auf Anfrage zu – schneller geht es mit dem Formularpaket der Rentenversicherung zum Herunterladen.
Bei den Anträgen finden sich auch solche, die der behandelnde Arzt ausfüllen muss. Deshalb empfiehlt es sich, diesen von Anfang an in das Rehavorhaben einzuweihen. Marion Rink berichtet: „Als es mir mal sehr schlecht ging und ich wirklich dringend eine Reha benötigt hätte, konnte mein behandelnder Arzt nicht innerhalb der geforderten vier Wochen abliefern. Deshalb wurde mein Antrag abgelehnt – wegen mangelnder Mitwirkung!“
Packliste für die Reha
Der Termin für die stationäre Reha rückt näher – was sollte ins Gepäck? Wie macht man sich die Anreise leichter? Wir geben praktische Tipps.
Wer ist der zuständige Leistungsträger bei einer Rehabilitation?
Vereinfacht gesagt, ist die Rentenversicherung für alle Menschen zuständig, die erwerbstätig sind, und in der Regel die Krankenversicherungen, wenn jemand nicht erwerbstätig ist. Allerdings gibt es Ausnahmen, etwa bei Kindern oder bei Rehamaßnahmen, bei denen die Folgen eines Unfalls im Vordergrund stehen. Im Antrag beziehungsweise im Begleitschreiben sollten Sie möglichst klar formulieren, was Sie mit dieser Rehamaßnahme erreichen möchten. Je konkreter die Ziele benannt werden, umso aussichtsreicher sind die Chancen auf eine Genehmigung. Wichtig ist, dass Sie ambulante Therapien bereits ausgeschöpft haben und darauf verweisen.
Wenn Sie eine bestimmte Klinik vor Augen haben, sollten Sie dies ebenfalls erwähnen – und hinzuschreiben, was für diese Wunschklinik spricht. „Es reicht nicht, zu sagen, dass ich gern an die Ostsee möchte“, sagt Dr. Gehlen mit einem Augenzwinkern. „Aber eine kurze Begründung im Anschreiben kann dabei helfen, die Genehmigung für die Wunschklinik zu bekommen.“ Mögliche (aussichtsreiche) Gründe sind zum Beispiel eine Spezialisierung auf die Erkrankung, eine kurze Anfahrt, ein baldiger Zeitpunkt für die Aufnahme oder ein besonderes Vertrauensverhältnis, weil Sie schon mal in dieser Klinik waren.
Welche Reha-Klinik ist die richtige?
Welche Klinik ist die richtige? Das hängt natürlich von der Erkrankung ab, die im Mittelpunkt stehen soll – und vom Anlass für die Reha. Nach einer Gelenkoperation etwa erfolgen viele Anschluss Anschlussheilbehandlungen in einer nahe gelegenen Klinik mit orthopädischer Abteilung. Steht dagegen die Behandlung einer entzündlich-rheumatischen Erkrankung im Vordergrund, empfiehlt sich eine Klinik, die sich auf diese Erkrankungen spezialisiert hat. Handelt es sich hauptsächlich um Beschwerden durch Fibromyalgie ohne entzündlich- rheumatische Grunderkrankung, ist möglicherweise ein Aufenthalt in einer Klinik mit psychosomatischer Ausrichtung hilfreich.
Die Deutsche Rheuma-Liga bündelt Anschriften entsprechender Kliniken in ihrer Versorgungslandkarte – außerdem lohnt es sich, andere Betroffene nach ihren Erfahrungen mit bereits erfolgten Rehabilitationen zu fragen.
Ambulante oder stationäre Rehabilitation?
In den vergangenen Jahren hat sich die Zahl der ambulanten Rehabilitationen erhöht. Dabei erfolgt keine stationäre Unterbringung. Der Patient wird in der Regel morgens von der Klinik abgeholt und nach den Anwendungen zurückgebracht. Wer einen Rehaantrag stellt, sollte sich zuvor fragen: Was tut mir besser, ambulant oder stationär? Auf der einen Seite hilft es zum Beispiel Eltern jüngerer Kinder, wenn sie zumindest teilweise zu Hause sind. Auf der anderen Seite ist eine medizinische Rehabilitation ein Fulltime-Job – unter Umständen stellen zusätzliche Aufgaben im Familienleben eine Belastung dar, die dem Erfolg der Maßnahme im Weg stehen.
Übrigens: Wer eine stationäre Rehabilitation macht, darf in der Regel am Wochenende oder an Feiertagen nicht nach Hause fahren, auch wenn keine Behandlungen erfolgen. Besuchsregelungen werden unterschiedlich gehandhabt, vor allem in der Pandemie gab es oft kurzfristige Beschränkungen.
Mit Kindern zur Reha
Wer Kinder hat und deren Betreuung nicht anders sicherstellen kann, hat die Möglichkeit, sie als Begleitkinder mit zu einer Rehabilitation zu nehmen. Die Betreuung jüngerer Kinder erfolgt in der Klinik, schulpflichtige Kinder erhalten Unterricht in der Klinik oder besuchen vor Ort eine Gastschule.
Allerdings bieten viele Kliniken gar keine Kinderbetreuung an. „Oft machen das nur noch die großen Kliniken, für kleinere Häuser ist der personelle Aufwand enorm“, weiß Dr. Martin Gehlen. Auch an dieser Stelle gilt es also, sich vor der Auswahl einer Klinik genau zu informieren. Und wer sein Kind mitnehmen möchte, beantragt die Kostenübernahme dafür am besten gleich mit dem Rehaantrag.
Was tun, wenn der Rehaantrag abgelehnt wird?
Genehmigt der Kostenträger die Rehamaßnahme auf Anhieb, gibt es einen Bescheid. Kurze Zeit später meldet sich die gewünschte oder vom Kostenträger ausgewählte Einrichtung mit allen Details – etwa, wann der nächste mögliche Aufnahmezeitpunkt ist und was bei der Anreise zu beachten ist. Doch was, wenn der Bescheid eine Ablehnung ist? „Erst mal Widerspruch einlegen – und zwar sofort“, empfiehlt Marion Rink.
„Am besten schreibt man, dass die Gründe folgen, dann hat man noch etwas mehr Zeit, sich Gedanken zu machen.“ Egal, ob die gesetzliche Krankenversicherung oder die Rentenversicherung der Adressat ist – bei einer möglichen Ablehnung hat man einen Monat Zeit, um einen Widerspruch einzureichen. Bleibt der Widerspruch erfolglos, bleibt noch die Möglichkeit, vor dem Sozialgericht Klage zu erheben. Unter Umständen dauert es, bis ein freier Platz in der Wunschklinik verfügbar ist. Am besten erkundigt man sich schon vor der Antragstellung, wie lange die Wartezeiten zwischen Genehmigung und Aufnahme sind. Und dann kann es endlich losgehen!
Wie tragen Betroffene dazu bei, dass eine Reha gelingt?
„Man muss selber dorthin wollen – und bereit sein, sich auf etwas Neues einzulassen“, sagt Vizepräsidentin Marion Rink. „Positives Denken ist schon die halbe Miete!“ Grundsätzlich habe sich in den vergangenen Jahren viel in den Kliniken geändert – und auch in den Köpfen der Patienten, glaubt Dr. Martin Gehlen. „Früher stand eher das Passive im Vordergrund, man bekam Massagen oder Bäder, es ging oft ums Wohlfühlen. Mittlerweile ist klar geworden, dass die Aktivität das Entscheidende ist. Was man früher als Kur bezeichnet hat und heute eine Rehabilitationsmaßnahme ist, hat nicht viel miteinander zu tun“, betont er.
Unter Umständen müssten Patienten sich sogar darauf einstellen, zu Beginn einer Maßnahme vermehrt Schmerzen zu haben. „Das ist gar kein schlechtes Zeichen, sondern beweist im Gegenteil, dass im Körper etwas passiert, dass die Muskulatur arbeitet – und sich langfristig eine Besserung einstellt. Ein Wannenbad oder eine Moorpackung allein sind nur Wellness, nach drei Stunden ist die Wirkung weg.“ Passive Anwendungen hätten dennoch ihren Stellenwert – etwa ein Solebad oder eine Wärmepackung nach einer aktiven Bewegungseinheit zur Erholung.
„Eine Reha ist echt Arbeit“, betont Dr. Gehlen. Und es gelänge auch nicht immer, alle Patienten schmerzfrei zu entlassen. Eine wichtige Aufgabe der Rehaklinik sei es daher, die Maßnahme richtig einzuordnen. Physiotherapeuten und Ärzte müssten Betroffenen auch die Ängste nehmen – gerade, wenn die Schmerzen erst einmal zunehmen. „In dieser Situation braucht man jemanden, der einschätzen kann, ob etwas schiefgegangen ist – oder ob es sich um einen normalen, gesunden Prozess handelt. Das ist eine der Kernaufgaben der Rehabilitation!“
Einzel- und Gruppentherapien
Egal, ob stationär oder ambulant: Viele Betroffene berichten, dass im Vergleich zu vergangenen Jahren vor allem Gruppentherapien angeboten werden – und die Möglichkeiten zu Einzelanwendungen wie Physiotherapie oder Einzelkrankengymnastik sinken.
„Machen wir uns nichts vor, Gruppentherapien rechnen sich besser und man hat oft gar nicht so viel Personal vor Ort für Einzeltherapien“, sagt Marion Rink. „Ich persönlich habe aber die Erfahrung gemacht, dass ich benötigte Einzeltherapien auch immer bekommen habe. Gruppen sind auch gar nichts Schlechtes – ein Team schafft eine ganz eigene Dynamik, eine Gruppe kann ungemein motivieren“, betont sie. Chefarzt Dr. Martin Gehlen sieht den Sinn von Einzelbehandlungen vor allem darin, für Betroffene individuelle Programme zu erarbeiten, die sie zu Hause weiterführen können.
Wie geht es nach der Reha weiter?
Eine Rehamaßnahme ist keine Kur, nachdem es Betroffenen in jedem Fall besser geht. Es ist vielmehr ein Startschuss für Prozesse, die während des Aufenthalts angestoßen werden – und die Betroffene zu Hause weiter fortführen müssen, um von einem bestmöglichen Leben mit ihrer Erkrankung zu profitieren. „An dieser Stelle spielt die Rheuma-Liga mit ihren vielfältigen Bewegungsprogrammen eine wichtige Rolle, aber auch spezielle Trainings- und Nachsorgeprogramme“, betont Dr. Martin Gehlen. „Wenn ich es in der Klinik schaffe, jemanden zur Selbsthilfe zu bringen, dann weiß ich, dass der erste Schritt in die richtige Richtung getan wurde. Dann war die Maßnahme erfolgreich, denn die Betroffenen führen dann weiter, was sie in der Reha begonnen haben.“
Und wann ist es Zeit für die nächste Rehabilitation? Das sei sehr unterschiedlich, berichtet Dr. Gehlen. Theoretisch beträgt die Wartezeit zwischen zwei Maßnahmen vier Jahre, doch kann in begründeten Fällen auch davon abgewichen werden, etwa, wenn sich die Erkrankung verschlechtert, ein neues medizinisches Problem hinzutritt oder etwa nach einem Eingriff eine Anschlussheilbehandlung nötig ist.
Autorin: Julia Bidder, Chefredakteurin der Mitgliederzeitschrift "mobil"
Fachliche Beratung: Meike Schoeler, Rechtsanwältin
Stand: Oktober 2021
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