Systemische Sklerose (Sklerodermie)
Die Systemische Sklerose (Sklerodermie) ist eine seltene Erkrankung, die zu den klassischen immunologischen Bindegewebserkrankungen (Kollagenosen) zählt. Im Vordergrund steht die Verdickung und Verhärtung der Haut mit Vermehrung des Bindegewebes und eine Gefäßentzündung, von der weitere Organe wie die Lungen, der Verdauungstrakt und die Nieren betroffen sein können. Zusätzlich können Gelenk- und Muskelbeschwerden auftreten.
Übersicht
Wer erkankt?
Die Systemische Sklerose gehört zu den seltenen Erkrankungen, das heißt weniger als 50 Menschen sind auf 100.000 Einwohner erkrankt. Frauen erkranken viermal häufiger als Männer, meist im mittleren Lebensalter. Die Ursache der Erkrankung ist unbekannt. Das Immunsystem arbeitet fehlerhaft und stimuliert die Fibroblasten, Zellen, die Bindegewebsfasern bilden. Zusätzlich wird das Endothel, die Innenschicht der Gefäße, geschädigt. In der Folge kommt es zur Bindegewebsvermehrung in der Haut und den inneren Organen sowie zu Blutgefäßverengungen.
Welche Symptome treten auf?
Die typische Hautbeteiligung fängt meist an den Händen mit diffuser Schwellung, manchmal bläulicher Verfärbung, Hautverdickung und dem Gefühl eines zu engen Handschuhs an. Die Haut wird straffer, Hautfältelungen lassen sich schwer abheben. Oft ist auch das Gesicht betroffen. Dort kann die Hautverdickung die Mimik einschränken. Zudem können im Gesicht und im Dekolleté Teleangiektasien, kleine rot scheinende harmlose Gefäßchen, erscheinen.
Auch eine verminderte Mundöffnung und Verkürzung des Zungenbändchens wird beobachtet. Prinzipiell können die Veränderungen überall an der Haut auftreten. Manchmal treten, vorwiegend in der Nähe der kleinen Gelenke, auch schmerzhafte Verkalkungen (Calcinosen) auf, die teilweise als harte Knoten tastbar sind. An den Gefäßen beginnt die Erkrankung in den allermeisten Fällen mit einem Raynaud-Syndrom. Es handelt sich um durch Kälte oder auch Stress angeregte Verkrampfungen von Blutgefäßen, die zu einer bläulichen oder weißen Verfärbung einzelner Finger führen. Wenn sich die Gefäße unter Schmerzen wieder öffnen, können sie rot sein. Manche Patienten bekommen an den Fingerspitzen oder Zehen kleine Geschwüre, digitale Ulzera. Nach der Abheilung hinterlassen sie kleine Narben.
Sklerodermie Selbsthilfe e.V.
Um mit der Krankheit vertraut zu werden und sie zu verstehen, sollte man den Kontakt zu anderen Betroffenen suchen. Die Sklerodermie Selbsthilfe e.V. bietet Beratung und Austausch.
Neben der Haut ist die Lunge das zweithäufigst betroffene Organ. Die häufigsten Lungenkrankheiten bei SSc sind eine Lungenfibrose (Vermehrung von Bindegewebe in der Lunge), ein pulmonal arterieller Hochdruck (Der Blutdruck im Lungenkreislauf steigt und kann eine Schädigung des Herzens zur Folge haben), Atemnot und Husten. Ein Organbefall am Herz (etwa 15 Prozent) tritt als Muskelentzündung (Myositis) oder Herzbeutelentzündung (Perikarditis) auf. Folgen sind Herzschwäche und Herzrhythmusstörungen. Durch eine Nierenbeteiligung kann es zu Bluthochdruck oder in seltenen Fällen – auch zu einem raschen Nierenversagen, der renalen Krise, kommen.
Ist der Verdauungstrakt betroffen, kommt es durch nervliche und bindegewebliche Umbauprozesse zu einer verminderten Beweglichkeit (Peristaltik). An der Speiseröhre tritt Sodbrennen (Reflux), am Magen Völlegefühl und am Darm Blähungen und Verstopfung auf. Sehr selten finden sich Krankheitssymptome an der Leber, den Gallenwegen oder am Nervensystem. Die Augen können, wie auch der Mund und alle Schleimhäute, sehr trocken sein.
Wie lässt sich die Krankheit nachweisen?
Wegweisend sind die Symptome an der Haut, oft verbunden mit der Raynaud-Symptomatik. Im Labor lässt sich häufig eine Erhöhung der Blutsenkung und des CRP nachweisen. Fast alle Betroffenen weisen erhöhte Kernantikörper (ANA) auf. Typisch ist der Nachweis von speziellen Antikörpern, den Anti-Scl-70 (Anti-Topoisomerase-I-) oder den Anti-Zentromer-Antikörpern, der aber nicht bei allen Betroffenen gelingt. Laborwerte weisen auch auf Organbeteiligung hin, zum Beispiel veränderte Nierenwerte oder Muskelenzyme. Röntgenuntersuchungen können auf Knochenveränderungen an den Fingerspitzen und Verkalkungen im Bindegewebe hinweisen. Eine Lungenbeteiligung ist am besten durch CT nachweisbar. Je nach Organbefall sind auch Ultraschalluntersuchungen, EKG, Lungenfunktionsprüfung, Rechtsherzkatheter und Kontrastmitteldarstellungen notwendig.
Welche Therapien gibt es?
Die Therapie der SSc richtet sich in erster Linie nach den betroffenen Organen. Eine Therapie der gesamten Erkrankung gibt es leider noch nicht. In hochaktiven frühen Fällen können Medikamente, die das Immunsystem modulieren beziehungsweise supprimieren (zum Beispiel Methotrexat MTX), versucht werden.
- Allgemein: Hautpflege, sorgsame Behandlungen von Hautverletzungen, Nikotinabstinenz, CO² -Bäder, regelmäßige Bewegungstherapie, auch Ergotherapie, Lymphdrainage und leichte Massagen.
- Augen und Schleimhäute: regelmäßig mit entsprechenden Präparaten befeuchten
- Raynaud-Syndrom und Gefäßentzündungen: Blutgefäß erweiternde Substanzen, z. B. Nifedipin, in schweren Fällen Ilomedin-Infusionen
- Lungenbeteiligung (Lungenfibrose): Immunsuppressiva
- Lungenhochdruck: Sauerstoff, Antikoagulation, Endothelin-Antagonisten (zum Beispiel Bosentan)
- Verdauungstrakt: Protonenpumpenhemmer und bewegungsfördernde Medikamente (Prokinetika)
- Nierenbeteiligung: spezielle Blutdruckmedikamente
Formen der systemischen Sklerose
1. Diffuse Form: Die Hautsklerose ist an allen Körperpartien möglich und oft sind Anti-ScL-70 Antikörper nachweisbar.
2. Limitierte Form: Bei dieser meist langsamer fortschreitenden Form reicht die Hautsklerose nicht über die Ellbogen und Knie hinaus, der Körperstamm wird nicht, der Kopf selten befallen. Oft können Anti-Zentromer-Antikörper nachgewiesen werden. Zur limitierten Form gehört auch das CREST-Syndrom. Bei beiden Formen kann eine schwere Beteiligung aller inneren Organe auftreten. Diese sollten daher von internistischen Rheumatologen sowie spezialisierten Zentren mindestens einmal pro Jahr kontrolliert werden.
Die Eosinophile Fasziitis ist eine äußerst seltene Erkrankung, die nicht mehr zur SSc gezählt wird. Hier sind insbesondere die Muskelfaszien betroffen. Zur Diagnose trägt die hohe Zahl eosinophiler Blutzellen bei unbehandelten Erkrankten bei, die der Erkrankung auch den Namen gab. Von allen oben genannten Erkrankungen muss die zirkumskripte Sklerodermie, die in verschiedenen Varianten (zum Beispiel Morphea, generalisierte ZS, lineare ZS) auftreten kann, unterschieden werden. Bei ihr handelt es sich um eine örtlich begrenzte Hautveränderung ohne Raynaud-Symptomatik, ohne Organbefall und ohne Antikörper-Nachweis, die in aller Regel vom Dermatologen behandelt wird.
Was können Sie und Ihr Arzt noch tun?
Vor allem in relativ frühen Stadien der SSc empfiehlt sich prophylaktisch Hautpflege, Gymnastik, Atemgymnastik, Inhalationen, Lymphdrainage und zur Intensivierung der physikalischen Therapie, wenn möglich, die Rehabilitation. Um mit der Krankheit vertraut zu werden und sie zu verstehen, sollte man den Kontakt zu anderen Betroffenen suchen. Die Sklerodermie Selbsthilfe e.V., Mitgliedsverband der Deutschen Rheuma-Liga Bundesverband e.V., bietet Beratung und Austausch.
Autor/Fachliche Beratung: Dr. Wolfgang Brückle, Internistischer Rheumatologe und Facharzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin
Expertin aus Betroffenensicht: Emma Margarete Reil, ehemalige Vorsitzende und Ehrenmitglied des Sklerodermie Selbsthilfe e.V.
Der Text stammt aus dem Merkblatt Systemische Sklerose der Deutschen Rheuma-Liga. Das Merkblatt können Sie herunterladen und bei Ihrem Landes- oder Mitgliedsverband bestellen.
Ratgeber über rheumatische Erkrankungen
Ratgeberbroschüren, Merkblätter, Bewegungsposter: Die Deutsche Rheuma-Liga hat zahlreiche Publikationen über rheumatische Erkrankungen herausgebracht. Diese können Sie auf der Internetseite herunterladen und bei den Landes- und Mitgliedsverbänden bestellen. Auch die Sklerodermie Selbsthilfe e.V. hat Infomaterial über das Krankheitsbild zusammengestelt.
Infotelefon: Von Betroffenen für Betroffene
Die Sklerodermie Selbsthilfe e.V. bietet ein Infotelefon von Betroffenen für Betroffene an. Ehrenamtliche Mitarbeiterinnen, die selbst Sklerodermie haben, beantworten Fragen, haben ein offenes Ohr und geben ihre Erfahrungen weiter.
Telefonnummer: 07131-390 24 27
Sprechzeiten:
Montag bis Freitag 8 bis 10 Uhr
Dienstag 14 bis 16 Uhr
Mittwoch 18 bis 20 Uhr
Donnerstag 16 bis 18 Uhr