Morbus Paget – Symptome, Diagnose, Therapie
Was ist Morbus Paget?
Mit Morbus Paget werden zwei Krankheiten bezeichnet: eine Knochenerkrankung und eine Erkrankung der weiblichen Brustdrüse.
Die Knochenerkrankung wird auch als Osteitis beziehungsweise Ostitis deformans oder als Osteodystrophia deformans bezeichnet. Aus dem Begriff »deformans« geht hervor, dass es sich um eine deformierende Erkrankung der Knochen handelt. Diese Deformierungen können mit einer Größenzunahme der Knochen einhergehen. Dadurch kann es zu einem Druck auf andere Gewebe kommen, die dann irritiert oder zerstört werden können. Morbus Paget tritt meist erst nach dem 40. Lebensjahr auf.
Ursachen von Morbus Paget
Eine eigentlich auslösende Ursache konnte bisher nicht gefunden werden. Man geht von einer erblichen Komponente aus. Dies reicht aber nicht allein aus, da nicht jeder, der die Erbanlagen trägt, auch erkrankt. Bei der Auslösung könnten Viren eine Rolle spielen.
Die Erkrankung tritt in verschiedenen Ländern mit unterschiedlicher Häufigkeit auf. Am häufigsten kommt sie in Großbritannien vor, wo sie auch 1877 von dem Pathologen und Chirurgen, James Paget, zuerst beschrieben wurde.
Ausprägung
Im ersten Stadium zeigt sich im Mikroskop das charakteristische Bild eines starken Knochenabbaus mit deutlich vermehrten übergroßen und überaktiven Knochenabbauzellen (Riesenosteoklasten).
Das Bild erinnert an eine lokal begrenzte, aber stark ausgeprägte Osteoporose. Dem vermehrten Knochenabbau durch Riesenosteoklasten folgt ein verstärkter Knochenaufbau, so dass sich im zweiten Stadium das Bild eines vermehrten Abbaus und Aufbaus gleichzeitig ergibt. Dieser Vorgang verläuft nicht geordnet. An den betroffenen Stellen entsteht ein minderwertiger Knochen. Dieser zeigt im Röntgenbild an manchen Stellen vermehrten und an manchen Stellen einen verminderten Kalksalzgehalt.
Insgesamt nimmt die Knochenmasse zu. Gleichzeitig ist dieser Knochen aber nicht so fest wie ein gesunder Knochen, so dass eine erhöhte Verformbarkeit und Brüchigkeit entsteht. Da dies zu Deformierungen führt, leitet sich daraus der Begriff »deformans« ab. Im dritten Stadium kommt es dann zu ausgedehnten Verdichtungen im Knochen. Die Knochen veränderungen sind im Gegensatz zur Osteoporose, die an allen Knochen gleichzeitig auftritt, auf eine oder mehrere umschriebene Knochenanteile begrenzt. Tritt die Erkrankung in verschiedenen Knochen gleichzeitig auf, so können sich die jeweiligen Befallsorte in unterschiedlichen Stadien befinden. In ausgeprägten Fällen kann es zu deutlichen Überwärmungen der Knochen kommen.
Symptome und Folgeerscheinungen
Hauptsymptom sind Schmerzen. Da diese aber nur etwa bei 50 Prozent oder weniger der Patienten auftreten, bleibt die Erkrankung sehr lange oder überhaupt unbemerkt. Es gibt deshalb eine hohe Dunkelziffer. Betroffen sind vor allem die Becken- und Oberschenkelknochen, die Wirbelsäule, die Schädelknochen, Schienbeine und Oberarmknochen.
Die angrenzenden Gelenke neigen zur vorzeitigen Arthrosebildung. Durch die verminderte Stabilität der Knochen kommt es zu Deformierungen und auch Knochenbrüchen. Folge können Muskelfehlbelastungen mit Verkrampfungen und Muskelschmerzen sein. Am Schienbein kommt es durch die vermehrte Durchblutung zu fühlbaren Überwärmungen. In Extremfällen sind durch den erhöhten Blutfluss Herzüberlastungen beschrieben.
In seltenen Fällen ist durch verstärkten Druck der Knochen auf Nerven deren Funktion beeinträchtigt. Es kann zu Hörstörungen kommen. Eine bösartige Entartung ist eher eine große Seltenheit.
Diagnose
In den meisten Fällen wird der Morbus Paget aufgrund von Schmerzen, durch ein Röntgenbild entdeckt. Da die Erkrankungen nicht nur an einer Stelle, sondern auch unbemerkt an vielen Knochen auftreten kann, sollte am Anfang mit einer Szintigraphie nach weiteren Herden gesucht werden.
Besteht eine diagnostische Unsicherheit, muss zur zweifelsfreien Abklärung ein Stück Knochen aus dem befallenen Gebiet entnommen werden. Dies ist gerade dann notwendig, wenn der Verdacht auf eine bösartige Erkrankung ausgeräumt werden soll. Bei Befall der Wirbelsäule kann auch eine Computertomographie oder eine MagnetResonanz-Tomographie notwendig werden.
Laborwerte
Der Morbus Paget zeigt üblicherweise keine Entzündungszeichen im Blut. Der verlässlichste Laborwert in Blutuntersuchungen ist die alkalische Phosphatase (AP). Die AP im Blut stammt aus unterschiedlichen Geweben.
Nur die AP aus dem Knochen darf für die Beurteilung des Morbus Pagets herangezogen werden. Diese wird manchmal auch als Ostase bezeichnet. Die knochenspezifische AP wird von den aktiven Knochenaufbauzellen (Osteoblasten) gebildet. Beim Morbus Paget liegen oft vermehrter Knochenabbau und -aufbau gleichzeitig vor. Der vermehrte Knochenaufbau ist als Reaktion auf den starken Knochenabbau zu verstehen. Dieser tritt zeitlich verzögert nach dem Knochenabbau auf. Deshalb reagiert die AP auch sehr verzögert auf eine erfolgreiche Therapie. Die Diagnose wird nicht allein durch die Bestimmung der AP gestellt.
Vielmehr dient sie lediglich zur Beurteilung des Krankheitsverlaufes. Die AP im Blut kann aus unterschiedlichen Gründen erhöht sein. Nur wenn die Erhöhung im Zusammenhang mit dem Morbus Paget steht, darf sie für die Beurteilung herangezogen werden.
Therapie bei Morbus Paget
Ziel der Therapie ist es, die Schmerzen in den betroffenen Skelettarealen zu lindern und das Fortschreiten des Knochenumbaus zu verhindern. In der Regel lassen durch das Bremsen des Knochenumbaus auch die Schmerzen nach. Da der Ausgangspunkt des vermehrten Knochenumbaus in dem gesteigerten Knochenabbau durch Riesenosteoklasten gesehen wird, zielt die therapeutische Strategie auf deren Zerstörung mittels Bisphosphonaten und in manchen Fällen durch Calcitonin ab.
Bei den Bisphosphonaten sind Risedronat und Zoledronat für die Therapie zugelassen, wobei die Anwendung als Infusion stärker zu wirken scheint. Bei einer erfolgreichen Therapie mit Bisphosphonaten fällt die alkalische Phosphatase nach etwa drei Monaten auf den niedrigsten Wert. Danach sind Kontrollen in sechsmonatigem Abstand ausreichend. Steigt die alkalische Phosphatase um 25 Prozent an und liegt erneut oberhalb des Normbereichs, sollte die Therapie wiederholt werden. Da die Verformungen der Knochen sich über Jahre herausbilden, ist von einer medikamentösen Therapie nicht die vollständige Rückbildung zu erwarten.
Vielmehr soll mit der medikamentösen Therapie das weitere Fortschreiten der Deformierungen verhindert werden. Bei anhaltenden Schmerzen aufgrund zunehmender Deformierungen, Arthrosen oder Zuständen nach Frakturen sind bei den meist betagten Patienten Maßnahmen wie Physiotherapie, Massagen, Elektrotherapie, Schmerzmittel und lokale Injektionen erforderlich.
Bei Knochenbrüchen, insbesondere am Oberschenkelknochens, fortgeschrittenen Arthrosen der Knie- und Hüftgelenke, ausgeprägten Deformierungen und Nervenausfällen müssen operative Eingriffe durchgeführt werden. Allerdings ist aufgrund der verstärkten Durchblutung der Knochen bei Morbus Paget intraoperativ mit einer erhöhten Blutungsneigung zu rechnen. Sofern möglich, sollte vor einer Operation eine Therapie mit einem der genannten Medikamente begonnen worden sein.
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Fachliche Beratung
Stand: Februar 2023
Fachliche Beratung:
Autor: Dr. med. Jochen Lautenschläger, Internist/ Rheumatologe/Osteologe DVO, Präsident der Rheuma-Liga Thüringen, ehemaliger Chefarzt der Klinik an der Weißenburg
Expertin aus Betroffenensicht: Ute Garske, Vorsitzende der Rheuma-Liga Hamburg und Leiterin der Vaskulitis Selbsthilfegruppe
Der Text dieser Seite stammt aus dem Merkblatt "Morbus Paget". Das Merkblatt können Sie auf unserer Internetseite herunterladen.
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