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Rheuma-Forschungszentrum: „Wir wollen die Medizin revolutionieren“

DNA Forschung Gene
Mit neuesten Labortechniken wird nicht nur die gesamte genetische Information, sondern auch die gesamten Eiweißbausteine des Menschen und die Gesamtheit der Stoffwechselprodukte analysiert.

Mit neuesten Labortechniken analysieren Forschende, was bei rheumatischen Erkrankungen passiert. Prof. Eicke Latz vom DRFZ erklärt die Hintergründe.

Prof. Eicke Latz ist seit 2023 wissenschaftlicher Direktor des Deutschen Rheuma-Forschungszentrums Berlin (DRFZ), ein Leibniz-Institut. Julia Bidder, Chefredakteurin der Mitgliederzeitschrift "mobil", sprach mit ihm über seine Forschung.

Prof. Latz, Sie sind Immunologe. Wie sind Sie zum Rheuma-Forschungszentrum gekommen?

Ich habe vor der Jahrtausendwende an der Charité als Intensivmediziner gearbeitet und gesehen, wie viele Menschen an schweren Verläufen von Sepsis sterben. Damals wussten  Mediziner noch fast nichts über unser angeborenes Immunsystem.

In dieser Zeit wurde ein bestimmtes neues Molekül entdeckt, der erste „Toll-like Rezeptor“. Diese Eiweiße in der Außenhülle von Zellen spielen eine große Rolle für die Erkennung von Zellen, also fürs angeborene Immunsystem und damit für alle Arten von Entzündungen. Ich war sofort fasziniert und dachte: Das ist ein neues Forschungsfeld und eröffnet neue Möglichkeiten für Medikamente. Deshalb bin ich in die USA und in die Forschung gegangen. 

Was haben Sie dort gemacht?

Ich war zwölf Jahre lang an vorderster Forschungsfront: Jeden Tag gab es neue wissenschaftliche Veröffentlichungen darüber, wie das Immunsystem Viren, Bakterien, Krebs oder Parasiten erkennt.

Wir entdeckten, dass das Immunsystem auch auf andere Dinge reagiert, nämlich auf spezifisch veränderte Stoffwechselprodukte. Harnsäurekristalle oder  Cholesterinkristalle verursachen ja auch Entzündungen, nämlich Gicht, beziehungsweise Arteriosklerose. Entzündungen treten zum Beispiel auch bei Luftverschmutzung auf oder, wenn man raucht. Ich hatte in den USA tolle Arbeitsbedingungen und habe wahnsinnig viel geforscht.

Trotzdem sind Sie zurück nach Deutschland gekommen … 

Ja, aus familiären Gründen wollte ich zurück nach Europa. Ich habe am Universitätsklinikum Bonn das Institut für Angeborene Immunität gegründet. Es war das erste Institut dieser Art in Europa. Dort arbeiten wir an grundlegenden Mechanismen, wie Entzündung entsteht. Das betrifft nicht nur Rheuma, sondern auch Alzheimer und viele andere Erkrankungen.

Unser Ziel ist es, die molekularen Mechanismen zu finden und zu verstehen. Dann findet man auch Lösungen für diese Erkrankungen.

Sie forschen aber nicht nur, Sie haben auch Unternehmen gegründet.

Ja, uns war immer sehr daran gelegen, unsere Entdeckungen schnell in die Praxis und damit an den Patienten zu bringen. 2016 haben wir in Boston ein Biotechunternehmen nach dem anderen gegründet, damit die Medikamente schnell auf den Markt kommen konnten. Das ist allerdings in den USA deutlich einfacher als hierzulande.

Was hat Sie an der wissenschaftlichen Leitung des Rheuma-Forschungszentrums gereizt?

Die Rheumatologie war für mich schon immer ein Spiegel der Immunologie. Die Klinische Immunologie in Berlin ist eine der größten in ganz Europa. Der Leiter der Klinik für  Rheumatologie an der Charité, Prof. Gerhard Krönke, und ich, teilen uns im DRFZ ein Büro. Wir haben kein geringeres Ziel, als die Medizin zu revolutionieren.

Welche Art der Revolution schwebt Ihnen vor?

Wir versuchen, zu verstehen, was bei den verschiedenen rheumatischen Erkrankungen passiert. Das funktioniert mit neuesten Labortechniken – wir analysieren nicht nur die gesamte genetische Information, sondern auch die gesamten Eiweißbausteine des Menschen und die Gesamtheit der Stoffwechselprodukte. Wir bauen gerade ein neues Zentrum für die Analyse von Patientengruppen auf. Wir wollen künftig Betroffene mit einer rheumatischen Erkrankung nicht nach ihren Symptomen einer bestimmten Diagnose zuordnen, sondern danach, was der molekulare Ursprung ihrer Erkrankung ist. Im Moment ist es so: Die Hälfte der Betroffenen, die einen TNF-Alpha-Blocker als Medikament erhalten, reagiert auf das Medikament, die andere Hälfte nicht.

Wir haben noch keine Möglichkeit, vorherzusagen, bei wem diese Medikamente wirken und bei wem nicht. Wir werden künftig vorhersagen können, welches Medikament bei wem anschlägt. Wir sind auf dem Weg in eine personalisierte Medizin, denn wenn wir wissen, welche molekularen Ursachen eine Erkrankung hat, können wir zielgenau therapieren. Solche Medikamente wirken dann nicht nur, sie haben auch weniger Nebenwirkungen.

Wenn wir die Mechanismen der Krankheitsentstehung verstehen, können wir vielleicht auch viel früher in das Krankheitsgeschehen eingreifen und schwerwiegende Krankheitssymptome und Organschäden vermeiden. Das hat im Grunde auch Auswirkungen auf präventive Ansätze in der Medizin, ein Thema, das meiner Meinung nach viel mehr Aufmerksamkeit benötigt. Die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie hat sich jüngst umbenannt und die Klinische Immunologie in Berlin ergänzt.

Welche Rolle spielt die Immunologie künftig in diesem Fachbereich?

Wir verstehen immer besser, wie das Immunsystem funktioniert und wie Krankheiten entstehen. Das spielt zum Beispiel für rheumatische Erkrankungen eine wichtige Rolle: Zunächst haben wir Mediziner gelernt, wie Immunzellen miteinander kommunizieren und welche Moleküle dabei eine Rolle spielen.

Dann hat man für jedes dieser Moleküle einen Antikörper erstellt und geschaut, bei welchem Krankheitsbild sie helfen. Für die Betroffenen war das schon eine Revolution. Axiale Spondyloarthritis zum Beispiel können wir jetzt schon gut behandeln, bevor Schäden an Wirbelgelenken entstehen.

Was treibt Sie an?

Die Immunologie ist ein rasch voranschreitendes Feld, das sich so schnell entwickelt, dass die neuesten Erkenntnisse Ärztinnen und Ärzten gar nicht bekannt sind. Selbst im Studium steht so etwas nicht in den neuesten Lehrbüchern. Wir sind immer am Puls des Wissens. Wir versuchen immer, neue Sachen zu finden. Das letzte Puzzleteil noch zu finden – das hält einen tatsächlich Tag und Nacht wach.

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