Welche Empfehlungen kann man Rheumatologen in Europa in Zeiten der Coronapandemie geben? Welche Ratschläge können sie ihren Patienten geben, die sich sorgen, ob sie ein höheres Risiko haben, einen schweren Verlauf von COVID-19 zu entwickeln, falls sie sich infizieren? Rheumatische Erkrankungen kennen keine Grenzen, und daher ist es sinnvoll, Kräfte zu bündeln und Empfehlungen über Ländergrenzen hinweg zu erarbeiten – auf der Basis von möglichst soliden wissenschaftlichen Daten. Die EULAR hat daher beispielsweise Empfehlungen für den Umgang mit Betroffenen, die sich mit SARS-CoV-2 infiziert haben, erarbeitet. Außerdem hat sie ein europaweites Register für Betroffene mit COVID-19 ins Leben gerufen – das deutsche Register arbeitet mit dem EULAR-Register zusammen.
Grundsätzlich hat die EULAR es sich zur Aufgabe gemacht, die Lebensqualität von Menschen mit einer rheumatischen Erkrankung zu verbessern und die durch die Erkrankungen bedingten gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen zu minimieren. Um diese Ziele zu erreichen, fördert die EULAR Forschung, Prävention und Behandlung von rheumatischen Erkrankungen und unterstützt die rheumatologische Aus- und Fortbildung.
Forschung vernetzen
Die Einzigartigkeit besteht darin, dass Rheumatologen, Vertreter der Gesundheitsberufe (auf Englisch: Health Professionals) und Vertreter der Patientenorganisationen (PARE) kooperativ und partnerschaftlich zusammenarbeiten.
Im Juni hätte der jährliche EULAR-Kongress in Frankfurt am Main tagen sollen. Aufgrund der Coronapandemie verlagerten sich die Aktivitäten ins Internet.
Eine Stiftung für die Forschung
Doch auch außerhalb des wichtigen Kongresses ist die EULAR in der Forschung sehr aktiv. So gibt es zum Beispiel die Stiftung FOREUM. Diese Forschungsstiftung für rheumatische und muskuloskelettale Erkrankungen gibt es seit 2014. Sie unterstützt Grundlagenforschung und angewandte Forschung. Die Forschungsgelder kommen von kommerziellen und nicht kommerziellen Spendern.
Die EULAR selbst hat zu Beginn der Stiftung eine Million Euro jährlich gespendet, derzeit sind es 500.000 Euro pro Jahr. FOREUM definiert Ziele und Förderaktivitäten eigenständig, koordiniert diese aber mit der EULAR, um unnötige Überschneidungen oder einen ineffizienten Einsatz wertvoller Forschungsressourcen zu vermeiden. Zurzeit laufen bei FOREUM mehrere Projekte – zum Beispiel eines über Begleiterkrankungen, sogenannte Komorbiditäten wie Diabetes oder Bluthochdruck. Begleiterkrankungen nehmen in der Regel mit dem Alter zu. Es gibt Daten, die darauf hindeuten, dass bestimmte Arten von Komorbiditäten bei bestimmten Personengruppen und Erkrankungen verstärkt auftreten können. Darüber hinaus gibt es Hinweise, dass Begleiterkrankungen die Chancen auf ein gutes Ansprechen auf die rheumatische Behandlung verringern.
Ziel der Studien ist es, die wechselseitigen Wirkungsmechanismen zu verstehen und Beurteilungskriterien bei Komorbiditäten zu entwickeln. Aufgrund der SARSCoV-2-Pandemie hat FOREUM zudem einen Ad-hoc-Aufruf zu COVID-19-Infektionen bei Betroffenen gestartet. Gefördert werden beispielsweise Projekte, die den klinischen Verlauf von COVID-19 bei Betroffenen untersuchen.
Wichtige Standards
Die EULAR setzt global anerkannte Standards bei Diagnostik und Behandlung rheumatischer und muskuloskelettaler Erkrankungen; denn die Organisation erarbeitet, veröffentlicht und aktualisiert regelmäßig Empfehlungen für Diagnostik und Behandlung. Diese gelten als international anerkannter Standard. Bei vielen Behandlungsempfehlungen gibt es auch Laienversionen und sogar kleine Präsentationen auf Englisch.
Natürlich arbeitet die EULAR auch eng mit dem American College of Rheumatology zusammen; das ist die US-amerikanische Gesellschaft. Außerdem gibt EULAR zwei wichtige Fachzeitschriften heraus, die wichtige, neue Studien aus der Rheumatologie veröffentlichen. Künftig will die EULAR ein europäisches Zentrum für Forschung an rheumatischen und muskuloskelettalen Erkrankungen einrichten. Das Zentrum soll europäische Wissenschaftler besser vernetzen und die Qualität und Quantität von Forschung fördern. Das Zentrum soll bis 2023 eingerichtet werden. Forschungsgelder stammen oft von der Europäischen Union (EU) – deshalb ist ein Ziel der EULAR, politische Entscheidungsträger in der EU für das Thema rheumatische und muskuloskelettale Erkrankungen zu sensibilisieren.
Die EULAR hat daher eine parlamentarische Interessensgruppe gebildet. Diese Mitglieder des Europäischen Parlaments sollen politische Initiativen der EU fördern, die darauf abzielen, Prävention, Behandlung und Rehabilitation von rheumatischen und muskuloskelettalen Erkrankungen zu verbessern sowie die soziale und wirtschaftliche Inklusion von Menschen mit behindernden oder beeinträchtigenden rheumatischen Erkrankungen sicherzustellen. Außerdem veranstaltet die EULAR jährlich zum Weltrheumatag eine Konferenz in Brüssel, die Akteure von Politik, Wissenschaft und Gesundheitswesen zusammenbringt. Wichtige Themen dabei sind Forschungsförderung, Zugang zu einer optimalen Versorgung, Rheuma und Arbeit.
Autor: Dieter Wiek ist Vizepräsident der Deutschen Rheuma-Liga Bundesverband e. V.. Er engagiert sich seit vielen Jahren ehrenamtlich in der Deutschen Rheuma-Liga und ist zurzeit außerdem EULAR-Vizepräsident als Vertreter von People with Arthritis and Rheumatism in Europe (PARE).