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Corona und Rheuma: Erkenntnisse aus dem Covid19-Register

Covid19-Register
Beim Impfregister der DGRh wurde unter anderem nach Nebenwirkungen nach der Corona-Impfung gefragt.

Tausende Rheumabetroffene haben im Covid19-Register Fragen zur Impfung beantwortet. Dr. Rebecca Hasseli-Fräbel erklärt, welche Erkenntnisse es gibt.

Viele Antworten auf Fragen rund um die Corona-Pandemie stammen aus dem Register der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie. Dr. Rebecca Hasseli-Fräbel erklärt im Interview mit Julia Bidder, Chefredakteurin der Mitgliederzeitschrift "mobil", die bisherigen Erkenntnisse.

Frau Dr. Hasseli-Fräbel, über 4.000 Fälle mit rheumatischen Erkrankungen wurden im Covid-19-Register der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie erfasst. Welche wichtigen Erkenntnisse konnten bisher gewonnen werden?

Zu Beginn der Pandemie wussten wir nicht, welchen Einfluss die Rheumamedikamente haben. Die wichtigste Erkenntnis ist, dass Betroffene mit einer entzündlich-rheumatischen Erkrankung auf keinen Fall ihre Basistherapie absetzen sollen.

Der beste Schutz vor einem schweren Verlauf einer Coronainfektion ist eine möglichst geringe Entzündungsaktivität. Die zweite wichtigste Erkenntnis lautet: Eine Dauertherapie mit Kortison sollte nach Möglichkeit in so geringer Dosis wie möglich erfolgen, da höhere Dosierungen mit einem schweren Covid-19-Verlauf in Verbindung stehen. Viele Patientinnen und Patienten haben vor Kortison weniger Angst als vor einer sogenannten Basistherapie, die das Immunsystem beeinflusst und die Entzündungsaktivität senkt.

Gilt das auch für Rituximab?

Rituximab schränkt die Funktion einer Gruppe von Immunzellen ein, der sogenannten B-Zellen. Das verändert auch die Immunantwort bei einer Infektion oder Impfung. Rituximab bekommen meist Betroffene, die eine schwere Rheumaerkrankung haben oder bei denen andere Rheumamedikamente nicht ausreichend gewirkt haben. Zusätzlich erhalten die Patienten gleichzeitig mit Rituximab in der Regel auch Kortison. Rituximab führt tatsächlich dazu, dass Betroffene nach einer Covid-19-Impfung weniger Antikörper bilden.

Der Antikörperspiegel bietet jedoch keine ausreichende Aussage bezüglich des Impfschutzes. Hier gilt es also das Nutzen-Risiko-Profil der Rituximabtherapie gemeinsam mit dem Rheumatologen abzusprechen.

Was passiert, wenn sich jemand, der Rituximab erhält, mit SARS-CoV-2 infiziert?

In der Regel werden Betroffene sehr engmaschig betreut. Mittlerweile gibt es auch Medikamente, die man zu Beginn einer Coronainfektion gibt und die den Verlauf günstig beeinflussen können. Bei Patientinnen und Patienten mit einem erhöhten Risiko für einen schweren Verlauf einer Coronainfektion können diese Medikamente in Erwägung gezogen werden.

Entscheidend für die Abschätzung des Risikos für einen schweren Verlauf einer Coronainfektion sind bei Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen vor allem die Krankheitsaktivität, Organschäden und bestimmte immunsuppressive Medikamente. Eine medikamentöse antivirale Therapie oder Behandlung mit Antikörpern sollte möglichst innerhalb von fünf Tagen nach Beginn der ersten Symptome begonnen werden. Wichtig ist also der Beginn der Behandlung in der Frühphase von Covid-19.

Sollten Betroffene ihren Antikörpertiter bestimmen lassen, um festzustellen, ob eine etwaige Impfung gewirkt hat?

Nein. Obwohl über zwei Jahre Pandemie und 1,5 Jahre mit einer Impfung gegen SARS-CoV-2 vergangen sind, wissen wir immer noch nicht, welche Parameter notwendig sind, um eine  ausreichende Impfantwort zu garantieren.

Die Zahl der Antikörper stellt nur einen kleinen Ausschnitt aus dem Immunsystem dar. Niemand weiß, wie hoch der Titer der Antikörper bei SARSCoV-2 sein muss, um eine ausreichende Immunantwort zu garantieren. Das wissen wir übrigens auch für einige andere Impfungen nicht. Ärztinnen und Forscher beziehen sich auf den Antikörperspiegel, weil es bisher kein anderes Maß für die Immunantwort gibt. Bei SARS-CoV-2 haben wir zusätzlich die Herausforderung, dass sich das Virus schnell verändert, also mutiert. Selbst wenn wir eine Impfantwort haben, stellt sich die Frage nach einer Auffrischimpfung, wie es auch bei der jährlichen Grippeimpfung der Fall ist. Vermutlich werden wir uns auch gegen Corona künftig regelmäßig boostern lassen.

Übrigens: Bei Patientinnen und Patienten unter Rituximab wurden niedrigere Antikörperspiegel berichtet. Verschiedene Daten deuten jedoch darauf hin, dass diese Patienten von einer Boosterimpfung profitieren und somit trotz niedrigerer Antikörperspiegel der Anteil an schweren Verläufen von Covid-19 reduziert werden kann.

Wie wirksam ist die vierte Impfung?

Dazu werden gerade weltweit Daten ausgewertet. Die Frage ist, ob sie einen Vorteil bringt und wann der beste Zeitpunkt dafür ist. Die US-amerikanische Gesellschaft für Rheumatologie empfiehlt schon die vierte Impfung. Wir in Deutschland sind noch zurückhaltend, pauschal eine vierte Impfung zu empfehlen, weil wir eine solche Empfehlung fundiert begründen wollen. Entsprechende Studien laufen noch.

Wenn der Abstand zwischen zwei Impfungen zu kurz ist, kann es sein, dass die Impfantwort gar nicht ansteigt. Der richtige Zeitpunkt der Impfung ist also auch ausschlaggebend. Vermutlich fällt die Impfantwort bei älteren Menschen geringer aus. Es gibt Daten aus Israel, die Hoffnung machen, dass die vierte Impfung bei älteren Personen einen Vorteil bringt. Aber es gibt noch viele offene Fragen: Welcher Impfstoff ist dafür am besten geeignet, der ursprüngliche oder ein neuer, der besser auf aktuelle Mutationen angepasst ist? Es wird noch dauern, bis wir dazu gute Daten haben und wissenschaftlich fundierte Empfehlungen aussprechen können.

Beim Impfregister der DGRh wurde unter anderem nach Nebenwirkungen nach der Impfung gefragt. Was wurde dazu beobachtet?

Insgesamt kann man sagen, dass Menschen mit einer rheumatischen Erkrankung die SARS-CoV-2-Impfungen genauso gut vertragen wie die Allgemeinbevölkerung. Häufig sind lokale Nebenwirkungen wie Schwellung, Rötung und Schmerzen an der Einstichstelle, aber auch Kopfschmerzen oder Muskelschmerzen berichtet worden. Es wurden jedoch auch Rheumaschübe oder das erstmalige Auftreten einer Rheumaerkrankung nach der Impfung seitens der Patienten berichtet.

Eine Neigung für eine Rheumaerkrankung liegt in der Regel bereits vor. Der Körper kann diese Fehlregulation des Immunsystems im gewissen Maße ausgleichen. Sobald ein Stressor hinzukommt, kann es zum Ausbruch der Rheumaerkrankung kommen oder ein Schub ausgelöst werden. Mögliche Stressoren können hierbei beispielsweise ein Infekt, emotionaler oder körperlicher Stress sein, oder sogar eine Impfung. Daten aus dem europäischen Impfregister zeigen übrigens, dass die Mehrheit der Patientinnen und Patienten keine Veränderung ihrer Krankheitsaktivität nach den Impfungen hatte. Interessanterweise ist der Anteil der Betroffenen, denen es nach der Impfung mit ihrer Erkrankung besser geht als vorher, in etwa genauso hoch wie der Anteil, der einen Schub erlitten hat.

Wie schwer waren die Schübe, die nach Impfungen auftraten?

Beim Register haben 16 Prozent der Patientinnen und Patienten selbst eingeschätzt, dass sie nach der Impfung einen Schub hatten. Bei der Frage nach der Stärke lag diese meist bei 6 auf einer Skala von 0 bis 10. Das klingt erst mal viel.

Wir haben aber auch nachgefragt, ob der behandelnde Arzt die Medikation aufgrund des Schubs angepasst hat. Für uns ist das ein indirektes Maß dafür, ob es sich um einen schweren Schub handelt. In den meisten Fällen gab es keine Veränderung in der Therapie, die Ärzte sahen also keinen Handlungsbedarf. Nur bei zwei Prozent der Befragten wurde die Rheumatherapie umgestellt oder um ein weiteres antirheumatisches Medikament erweitert.

Spielt die Zahl der Impfungen eine Rolle? Manche Menschen klagen, dass die Nebenwirkungen bei jeder Impfung stärker werden.

Das kann man weder bestätigen noch widerlegen. Teilweise wurde mit unterschiedlichen Impfstoffen immunisiert, was die Frage nach möglichen Nebenwirkungen erschwert.

Traten auch schwerwiegende Nebenwirkungen auf? Wie häufig waren diese?

Von unseren über 3.183 Patientinnen und Patienten hatten 14 Personen schwerwiegende Nebenwirkungen berichtet, wie zum Beispiel Thrombosen, Herzmuskelentzündung und neurologische Erscheinungen wie Nervenentzündungen oder Lähmungserscheinungen.

Drei Personen haben einen Rückfall eines Herpes Zoster berichtet. Gleiches wurde bei einem Betroffenen beschrieben, der das Guillain-Barré-Syndrom hatte. In einem Fall trat ein Hirninfarkt auf – allerdings bei einem Rheumapatienten, der zum Zeitpunkt der Impfung keinerlei Basistherapie bekam. Zur Dauer der Nebenwirkungen lässt sich allerdings nur schwer etwas sagen, ebenso auch, ob die Nebenwirkungen wirklich eindeutig in Verbindung mit der Impfung standen.

Mittlerweile gibt es Medikamente, die man in der Frühphase einer Infektion einsetzen kann, um einen möglichen schweren Verlauf zu verhindern. Könnte diese Strategie die Impfung ersetzen?

Nein. Die Anti-Virus-Präparate, die uns für die Behandlung zur Verfügung stehen, sind hervorragende Medikamente. Allerdings haben sie zahlreiche Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten, zum Beispiel mit Blutfettsenkern. Manche Medikamente davon kann man für einen kurzen Zeitraum pausieren, bei anderen geht das nicht, etwa bei organtransplantierten Menschen. Außerdem muss die Wirksamkeit der zur Verfügung stehenden Antikörper regelmäßig aufgrund der Mutationen geprüft werden. Es ist wunderbar, dass wir so viele Möglichkeiten haben, betroffenen Patientinnen und Patienten zu helfen. Aber keines dieser Mittel ersetzt die Impfung.

Haben Sie auch Erkenntnisse über die Sicherheit und Wirksamkeit der Covid-19-Impfung bei Betroffenen mit Fibromyalgie oder Arthrose?

Beim Impfregister haben wir fast 300 Fibromyalgiebetroffene und fast 500 Menschen mit Arthrose. Diese Gruppen stechen in keinerlei Hinsicht hervor – weder haben sie irgendein erhöhtes Risiko noch ein niedrigeres.

Wie haben Sie die Pandemie in der wissenschaftlichen Arbeit erlebt?

Wir haben gesehen, dass im Team praktisch alles möglich ist. Während der gesamten Pandemie haben Wissenschaftler und Patienten weltweit Hand in Hand gearbeitet. Gerade in der Rheumatologie waren wir darauf angewiesen, Daten zu teilen, weil manche Erkrankungen so selten sind, dass wir nur über Landesgrenzen hinweg genügend Informationen zusammentragen konnten, um wichtige Erkenntnisse gewinnen zu können. Ich hoffe, dass dies so bleibt, weil wir gemeinsam mehr erreichen können.

Wie gehen Sie in den Herbst?

Mein Wunsch wäre, dass wir lernen, mit Corona umzugehen, genau, wie wir es auch mit Influenza machen, und dass die Verläufe einer Coronainfektion zunehmend milder werden. Als Rheumatologen hoffen wir, dass alle Menschen künftig etwas bewusster auf die Hygienemaßnahmen achten – zum Beispiel in die Ellenbeuge husten oder niesen, und dass Menschen mit einer akuten ansteckenden Krankheit zu Hause bleiben.

Wie genau es sich mit der Pandemie entwickeln wird, vermag ich allerdings nicht zu sagen. Die Erfahrung hat uns gelehrt, dass wieder vermehrt Infektionen auftreten werden, wenn es kühler wird und wir uns wieder mehr in Innenräumen aufhalten. Übrigens haben wir von vielen Patientinnen und Patienten Rückmeldung bekommen, dass sie froh waren, dass es eine Maskenpflicht gab und dass der obligatorische Gruß mit Händedrücken entfiel, denn Händedrücken ist für Betroffene mit einer Rheumaerkrankung oft äußerst schmerzhaft.

Zur Person: Dr. Rebecca Hasseli-Fräbel ist Ärztin in der Medizinischen Klinik II am Universitätsklinikum Gießen und Koordinatorin des COVID19-Rheuma.de-Registers. Das Register der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie finden Sie hier.

Das Interview erschien zuerst in der Ausgabe 4/2022 der Mitgliederzeitschrift "mobil" der Deutschen Rheuma-Liga. Mitglieder erhalten die Zeitschrift sechs Mal im Jahr kostenlos direkt nach Hause (jetzt Mitglied werden). 

Coronavirus: Informationen für Rheumabetroffene

Aktuelle Informationen zum Coronavirus und auch zur Impfung bei rheumatischen Erkrankung finden Sie hier: