Ein Leben für die Pferde verbunden mit körperlicher Arbeit im Stall und im Sattel - dieser Passion von Jutta Beckmann bereitete eine rheumatoide Arthritis vor 14 Jahren ein jähes Ende. Beruflich stand die erfolgreiche Pferdetrainerin, die selbstständig einen eigenen Stall betrieb, damit quasi vor dem Nichts.
Doch die anfängliche Wut auf die Erkrankung wandelte sich zu Mut zur Veränderung: Gemeinsam mit ihrer damaligen Kundin Denise, die heute ihre Ehefrau ist, machte sie eine Ausbildung zur ganzheitlichen Tiertherapeutin und gründete 2012 ihr Unternehmen „Reitgeist“.
Für ihren beruflichen Weg mit einer rheumatischen Erkrankung ist Jutta Beckmann ebenso wie Christina Buckow und ihr Arbeitgeber, das sonderpädagogische Bildungs- und Beratungszentrum der Paulinenpflege in Winnenden, und Tanja von Keitz und ihr Arbeitgeber, die Stadtverwaltung Recklinghausen, mit dem RheumaPreis 2024 ausgezeichnet worden. Verliehen wurde der Preis, der in diesem Jahr unter dem Motto „Neue Arbeitswelt“ stand, im Rahmen des DGRh-Kongresses in Düsseldorf.
Unterstützt wird die Initiative auch von der Deutschen Rheuma-Liga.
„Mut machen für den Verbleib im Arbeitsleben“
„Wir möchten Menschen mit rheumatischen Erkrankungen Mut für den Verbleib im Arbeitsleben machen“, sagt Rotraut Schmale-Grede, Präsidentin der Deutschen Rheuma-Liga, „beim RheumaPreis zeigen Arbeitnehmende und ihre Arbeitgebenden immer wieder, wie das mit manchmal schon einfachen Lösungen gelingen kann.“
Unterstützung und Tipps bekommen Betroffene und Unternehmen auch bei der Deutschen Rheuma-Liga. Vor Ort in der Beratung, in den Broschüren „Im Job mit Rheuma“, „Mit Rheuma gut arbeiten“ und „Von der Schule in den Job“ und auf den Themenseiten im Internet „Beruf und Rheuma“. „Beiden Seiten hilft es, wenn offen mit der Erkrankung umgegangen wird. Nur so kann das Unternehmen geeignete Maßnahmen ergreifen“, erklärt Rotraut Schmale-Grede.
Mittlerweile ist Jutta Beckmann gesundheitlich wieder so stabil, dass sie wieder reiten kann. Ihr Ziel ist es nun, auch anderen Menschen mit Rheuma zu zeigen, „wie sie sich trotz ihrer Erkrankung selbstbewusst und frei fühlen können, und welche Chancen auch in der Erkrankung stecken können“, erzählt sie.
Homeoffice und zeitliche Flexibilität
Das Reiten, der Umgang mit Tieren und mentales Training spielen auch in Christina Buckows Leben und in ihrer Krankengeschichte eine wichtige Rolle. Als Lehrerin am sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentrum (SBBZ) der Paulinenpflegein Winnenden, erkrankte die Stuttgarterin vor einigen Jahren schwer an systemischer Sklerose und Myositis. Schmerzen und Probleme mit Lunge, Herz und Darm sind seither ihre ständigen Begleiter.
Doch den Rat ihrer Ärzte, mit Mitte 30 schon in Rente zu gehen, wollte sie nicht befolgen - aus finanziellen Gründen, aber auch, weil ihr der Beruf und ihr Hobby, das Reiten, zu wichtig waren. „In der schwersten Zeit meines Lebens waren es gerade die Tiere, die dafür sorgten, dass ich mich nicht selbst aufgab“, sagt Buckow.
Vor allem aber konnte sie sich stets auf die Unterstützung durch ihren Arbeitgeber und den Rückhalt ihrer Kollegen und Kolleginnen verlassen. Mit zeitlicher Flexibilität, betriebsinternen Coachings und der Möglichkeit zum Home-Office kann Christina Buckow ihre Kräfte heute besser einteilen.
Welche Arbeitshilfen und Lösungswege es gibt, um Menschen mit körperlichen Einschränkungen im Arbeitsalltag zu unterstützen, weiß Tanja von Keitz schon von Berufs wegen genau: Die 55-Jährige arbeitet bei der Stadtverwaltung Recklinghausen in der Fachstelle für behinderte Menschen im Beruf. Als sie vor drei Jahren selbst die Diagnose rheumatoide Arthritis bekam, wechselte sie die Perspektive und wurde selbst zur Betroffenen.
"Ein Stück Lebensqualität"
Ihr Arbeitgeber gewährte ihr die Möglichkeit, fast ausschließlich im Homeoffice zu arbeiten und sich damit den Weg von ihrem Wohnort nach Recklinghausen zu ersparen. Außerdem nimmt sie pro Woche nur ein bis zwei Außentermine wahr, was zusätzliche Entlastung bringt. „Die Stadt Recklinghausen hat mir ein Stück Lebensqualität zurückgegeben, die ich verloren geglaubt hatte“, sagt von Keitz. Sie sei dankbar, dass sie nicht um ihren Arbeitsplatz kämpfen musste. Aus ihrer Erfahrung heraus rät sie Betroffenen zur völligen Offenheit: „Man muss miteinander reden und dem Arbeitgeber zeigen, dass eine Behinderung nicht bedeutet, dass man nicht mehr arbeiten kann.“
Der RheumaPreis geht seit 2009 partnerschaftlich an Arbeitnehmende mit einer rheumatischen Erkrankung und ihre Arbeitgebenden und ist mit je 3.000 Euro dotiert.
Weitere Informationen zum Preis finden Sie auf der Internetseite des RheumaPreises.
Mitglieder der Initiative RheumaPreis
- AbbVie Deutschland GmbH & Co. KG
- Berufsverband Deutscher Rheumatologen e.V. (BDRh e. V.)
- Boehringer Ingelheim Pharma GmbH & Co. KG (BI)
- Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen (BIH)
- Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie und Klinische Immunologie e.V. (DGRh)
- Deutsche Kinderrheuma-Stiftung
- Deutsche Rheuma-Liga Bundesverband e. V.
- Deutsche Vereinigung Morbus Bechterew (DVMB) e.V.
- Deutscher Verband für Physiotherapie (ZVK) e. V.
- Fachverband Rheumatologische Fachassistenz e.V.
- Lilly Deutschland GmbH
- Lupus Erythematodes Selbsthilfegemeinschaft e. V.
- Verband Deutscher Betriebs- und Werksärzte (VDBW) e.V.