Die Psoriasis-Arthritis (Schuppenflechten-Arthritis, kurz: PsA) ist eine entzündliche Gelenkerkrankung. In Deutschland sind nach einer aktuellen Schätzung etwa 170.000 bis 220.000 Menschen an einer Psoriasis-Arthritis erkrankt.
Für die Therapie steht eine wachsende Zahl von krankheitsmodifizierenden Antirheumatika (DMARDs) zur Verfügung – entweder als Einzeltherapie oder in Kombination mit anderen DMARDs und mit kortisonfreien Antirheumatika. Betroffene haben ein hohes Risiko für weitere Begleiterkrankungen, insbesondere Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Übergewicht, Diabetes, Arthrosen, Osteoporose und Depression. Daher benötigen sie sehr häufig weitere Medikamente.
Krankenkassendaten analysiert
Es ist leicht vorstellbar, dass Personen mit einer Psoriasis-Arthritis deshalb täglich eine Vielzahl von verschiedenen Medikamenten einnehmen müssen. Der Fachbegriff dafür lautet Polypharmazie und wird meist so definiert, dass jemand fünf oder mehr Medikamente pro Tag einnimmt. Auch wenn in vielen Fällen die Verwendung mehrerer Arzneimittel sinnvoll und notwendig ist, ist es wichtig, die Anzahl eingenommener Medikamente auf eine angemessene Zahl zu begrenzen, um negative Auswirkungen gleichzeitig eingenommener Arzneimittel zu vermeiden.
Um herauszufinden, wie häufig Polypharmazie unter PsA-Betroffenen im Vergleich zu Nichterkrankten auftritt, wurden die Daten einer großen bundesweiten gesetzlichen Krankenkasse analysiert. Dazu wurden knapp 12.000 Datensätze herausgesucht, bei denen die versicherte Person volljährig war, eine Psoriasis-Arthritis-Diagnose hatte und ihr mindestens einmal im Jahr 2021 ein krankheitsmodifizierendes Antirheumatikum verordnet wurde. Als Kontrollgruppe dienten fast 120.000 alters- und geschlechtsgleiche Versicherte ohne Diagnose einer entzündlich-rheumatischen Erkrankung.
Die Forscherinnen und Forscher identifizierten alle Arzneimittel, die im Jahr 2021 verschrieben wurden, also Blutdruckmittel, Medikamente gegen Diabetes, Antidepressiva, Antirheumatika und viele mehr. Außerdem wurden etwaige Begleiterkrankungen identifiziert.
Ergebnis: Fast die Hälfte (49 Prozent) aller Personen mit einer Psoriasis-Arthritis hat eine Polypharmazie, nimmt also fünf oder mehr Medikamente ein. Polypharmazie tritt damit viel häufiger bei Menschen mit einer Psoriasis-Arthritis als bei Nichterkrankten auf, von denen nur 17 Prozent eine Polypharmazie hatten.
Deutlich mehr Arzneimittel
Alle betrachteten Arzneimittelklassen wurden bei Personen mit einer Psoriasis-Arthritis bedeutend häufiger verschrieben als in der Kontrollgruppe. Das galt zum Beispiel für Medikamente bei Erkrankungen des Bewegungsapparates (81 versus 30 Prozent), Medikamente, die das Immunsystem beeinflussen (56 gegenüber 2,6 Prozent) oder Medikamente gegen Herz-Kreislauf-Erkrankungen (62 gegenüber 48 Prozent). Das Ausmaß der Polypharmazie stieg mit zunehmendem Alter und mit zunehmender Anzahl an Begleiterkrankungen: Unter 40-jährige Betroffene hatten im Mittel drei, über 80-Jährige sieben verordnete Medikamente zu einem Zeitpunkt.
Menschen mit Psoriasis-Arthritis müssen häufig viele Medikamente einnehmen. Dazu zählen sowohl die Arzneimittel für die Behandlung der Psoriasis-Arthritis, als auch Medikamente zur Behandlung und Prävention von Folge- und Begleiterkrankungen. Dies betrifft Frauen und Männer gleichermaßen. Wird aber durch den zunehmenden Einsatz zielgerichteter entzündungshemmender Medikamente eine vollständige Entzündungs- und Beschwerdefreiheit erreicht, besteht die Hoffnung, zukünftig Medikamente einsparen zu können, die der Schmerzbehandlung und der Therapie von Folgeerkrankungen dienen.
Bei der Studie waren zwei Forschungspartner und eine Forschungspartnerin der Deutschen Rheuma-Liga aktiv beteiligt. Wir bedanken uns an dieser Stelle für die konstruktive und hilfreiche Zusammenarbeit.
Autor und Autorin: Sebastian Binder und Dr. Katinka Albrecht arbeiten im Programmbereich Epidemiologie und Versorgungsforschung am Deutschen Rheuma-Forschungszentrum Berlin.
Polypharmazie: Was können Betroffene tun?
Alle gesetzlich Versicherten, die mindestens drei Medikamente dauerhaft einnehmen, haben ein Anrecht auf den sogenannten bundeseinheitlichen Medikationsplan. Dieser hat ein maschinenlesbares Format und kann auch in Ihrer elektronischen Gesundheitskarte oder elektronischen Patientenakte gespeichert werden. Es ist sehr wichtig, dass dieser Plan aktuell gehalten wird, damit alle Ihre behandelnden Ärztinnen und Mediziner sowie Sie selbst einen Überblick über Ihre Medikation haben. So lassen sich mögliche Probleme mit einer Medikation und potenzielle Wechselwirkungen leichter erkennen.
Lassen Sie sich einen Medikamentenplan ausgeben oder erstellen Sie diesen selbst. Tragen Sie auch rezeptfreie Medikamente ein, zum Beispiel Schmerzmittel. Bringen Sie Ihren Medikamentenplan zu allen ärztlichen Vorstellungen mit. So können Sie selbst dazu beitragen, dass alle beteiligten Ärztinnen und Ärzte über alle Medikamente, die Sie einnehmen, informiert sind. Eine Liste Ihrer Begleiterkrankungen ist ebenfalls hilfreich. So kann Ihre Ärztin beziehungsweise ihr Arzt sehen, auf welche Diagnosen er oder sie bei neuen Medikamenten achten muss.
Dieser Text erschien zuerst in der Mitgliederzeitschrift "mobil", Ausgabe 6-2023. Sechs Mal im Jahr erhalten Mitglieder der Deutschen Rheuma-Liga die Zeitschrift (jetzt Mitglied werden) direkt nach Hause.