1. Kommen Sie in Bewegung!
Bewegung hat drei Vorteile für Betroffene, denen eine Gelenkersatzoperation bevorsteht: Zunächst kann die richtige Aktivität die Operation unter Umständen für einige Zeit hinauszögern. Zweitens ist der Betroffene nach der Operation schneller wieder mobil. Und drittens verlängert die richtige sportliche Aktivität sogar die Haltbarkeit der Prothese. Für alle drei Punkte gibt es Studien, die dies klar belegen.
Natürlich muss man die Aktivität an die Möglichkeiten des Betroffenen anpassen – es ist dabei ein Unterschied, ob sich ein 45-jähriger Hobbysportler auf eine Operation vorbereitet oder ob eine 85-jährige Dame eine neue Hüfte bekommt, die schon lange starke Einschränkungen hinnehmen muss. Trainingsprogramme existieren für alle Stadien. Gegebenenfalls kann man sich von einem Physiotherapeuten die richtige Ausführung zeigen lassen. In einigen Kliniken gibt es auch bereits Projekte mit telemedizinischer Physiotherapie: Ein Physiotherapeut überwacht mehrere Patienten gleichzeitig, die über einen Bildschirm mit dem Therapeuten verbunden sind und von ihm Rückmeldungen bekommen oder Fragen stellen können.
2. Ein tägliches Programm hilft
Laut der Weltgesundheitsorganisation WHO sollen gesunde Erwachsene mindestens 150 Minuten Bewegung oder 75 Minuten Sport mit moderater Intensität pro Woche betreiben, also beispielsweise Radfahren oder Schwimmen. Wem es im Alltag schwerfällt, die Zeit dafür zu finden, kann es mal mit einem täglichen Mini-Work-Out probieren. Viele Menschen machen gute Erfahrungen mit einem zehnminütigen Programm, das sie morgens vor dem Zähneputzen machen. Denn tagsüber oder abends muss man oft schon mehr Energie und Disziplin aufbringen, um ein Programm zu absolvieren.
3. Streben Sie ein gesundes Körpergewicht an!
Übergewichtige, bei denen eine geplante Operation ansteht, sollten versuchen, abzunehmen. Problematisch sind Patienten mit einem Body-Mass-Index von 40 und mehr. Sie haben bei Eingriffen höhere Komplikationsraten und Wundheilungsstörungen. Davon abgesehen spielt das Gewicht auch beim Fortschreiten einer Arthrose eine Rolle: Jedes zusätzliche Kilo belastet die Gelenke bei jedem Schritt mit fünf Kilogramm.
Es kommt noch eine andere Komponente zum Tragen: Zusätzliches Fett vor allem im Bauchraum setzt entzündungsfördernde Botenstoffe frei, sogenannte Zytokine. Studien zeigen, dass diese Entzündungsbotenstoffe in Knorpelzellen die Umbildung zu Knochenzellen fördern. So wird aus Knorpel Knochen, was das Gelenk letztlich zerstört.
4. Rauchen Sie nicht!
Rauchen wirkt sich auch negativ auf die Gelenke aus. Einige Studien zeigen, dass der Knorpel auf Rauchen reagiert und den Knorpelabbau beschleunigt. So verschleißt der Knorpel etwa zwei- bis dreimal schneller. Wir kennen diese Fakten, verstehen aber die zugrunde liegenden Prozesse noch nicht. Möglicherweise spielt Kohlenmonoxid aus dem Tabakrauch dabei eine Rolle, oder eine schlechtere Durchblutung. Eine weitere Studie zeigt, dass Raucher mit Arthrose mehr und stärkere Schmerzen haben als Nichtraucher. Wissenschaftler vermuten, dass die Schmerzrezeptoren
von Rauchern stärker reagieren. Grundsätzlich kann man allen Patienten nur dringend empfehlen, vor einer Operation das Rauchen einzustellen. Wer drei Wochen vor der OP aufhört, kann sein Risiko für Wundheilungsstörungen stark senken.
5. Kümmern Sie sich um eine gute Infektprophylaxe!
In vielen Kliniken bekommen Patienten vor der Operation ein spezielles Duschgel, mit dem sie sich drei Tage vor dem Eingriff täglich duschen sollen, auch am Morgen vor der Operation. Damit
versuchen wir, die Zahl der Bakterien auf der Haut zur reduzieren. Das kann man auch mit einer antibakteriellen Seife in Eigenregie machen, falls die Klinik diese Maßnahme noch nicht institutionalisiert hat. Außerdem bekommen Patienten, die eine Endoprothese bekommen, in der Regel Antibiotika vor und bei Bedarf auch während der Operation. Bei Hautdesinfektionsmitteln
ist die Kombination von zwei Wirkstoffen übrigens effizienter als ein Mittel allein.
6. Achten Sie auf sich auch nach der Operation!
Es gibt zwei Wege, wie sich eine Prothese bei oder nach dem Eingriff infizieren kann. Bei einer akuten Infektion wird ein Keim beim Eingriff in den Körper übertragen. Der Patient bekommt dann eine akute Entzündung, Fieber, das Gewebe ist rot, geschwollen und schmerzt. In der Regel sind die Betroffenen dann noch in der Klinik. Wird die Infektion frühzeitig entdeckt, muss man zwar noch einmal operieren, aber der Aufwand ist überschaubar: Man spült die Prothese und das umgebende Gewebe mit etwas Druck aus, mit einer sogenannten Jet-Lavage. Außerdem tauscht der Chirurg alle beweglichen Teile aus. Der Patient erhält zusätzlich Antibiotika.
Es gibt aber auch noch unterschwellige Protheseninfektionen, die im Verborgenen ablaufen: Keime gelangen in die Blutbahn und vermehren sich. Sie bilden eine Schicht auf dem Implantat, die man mit Medikamenten nicht angreifen kann. Das nennt man Biofilm. In diesen Fällen reichen Antibiotika und Spülungen leider nicht aus – die Prothese muss gewechselt werden. Eine solche unterschwellige Infektion kann sich auch jederzeit nach der Operation entwickeln, wenn nur ein Zahn entzündet ist oder eine Lungenentzündung vorliegt. Deshalb ist man bei Prothesenträgern in der Regel deutlich großzügiger mit der Verordnung von Antibiotika. Diese Medikamente dienen dann weniger
der Bekämpfung des akuten Infekts, sondern sollen gewährleisten, dass keine Keime an die Prothese gelangen.
Autor: Prof. Stefan Sell. Der Orthopäde und Unfallchirurg ist Chefarzt am Gelenkzentrum Schwarzwald in Neuenbürg.