Totimpfstoffe sind bei Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen und bei Patienten unter entsprechender Therapie uneingeschränkt einsetzbar. Aus Sicht der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie kann der Einsatz sowohl der mRNA-Impfstoffe als auch der Vektorimpfstoffe für Betroffene mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen empfohlen werden.
An dieser Stelle beantworten wir einige Fragen zum Thema "Corona-Impfung und Rheuma".
Welche Corona-Impfstoffe gibt es?
In Deutschland sind verschiedene Impfstoffe gegen das Coronavirus zugelassen. Dabei handelt es sich zum Beispiel um diese Impfstoffe:
- der Impfstoff Comirnaty des Unternehmens Biontech/Pfizer.
- der Impfstoff Spikevax (vorher: „COVID-19-Vaccine Moderna“) des Unternehmens Moderna Biotech
- der Impfstoff Vaxzevria (vorher: „COVID-19 Vaccine AstraZeneca“) von AstraZeneca
- der Impfstoff JCOVDEN (vorher „Covid-19 Vaccine Janssen“) von Janssen-Cilag / Johnson und Johnson
- der Impfstoff Nuvaxovid der Firma Novavax.
Eine vollständige Liste der zugelassenen Impfstoffe findet sich auf den Seiten des Robert-Koch-Instituts.
Wie oft muss die Impfung zur Grundimmunisierung erfolgen?
Da ein Großteil der Bevölkerung in Deutschland inzwischen mehrfach gegen das Coronavirus geimpft ist oder bereits infiziert gewesen ist, liegt allgemein ein guter Schutz gegen schwere Verläufe der Corona-Infektion vor. Entsprechend hat die Ständige Impfkommission die COVID-19 Impfempfehlung angepasst.
Grundsätzlich sollen Erwachsene ab 18 Jahren in Deutschland zur Grundimmunisierung dreimal gegen COVID-19 geimpft werden. Die Anzahl kann sich verringern, wenn zwischenzeitlich eine COVID-19-Infektion vorlag.
Bei Personen mit einer Therapie, die das Immunsystem stark unterdrückt (siehe unten), können, je nach Einschätzung der behandelnden Ärzte, zusätzlich zu den drei Impfungen im Rahmen der Grundimmunisierung weitere Impfungen in einem Abstand von mindestens je 4 Wochen notwendig sein. Der Impferfolg kann mittels spezifischer Antikörper gegen das SARS-CoV-2-Spikeprotein überprüft werden. Dies sollte frühestens 4 Wochen nach Verabreichung einer Impfstoffdosis erfolgen.
Sollte trotz wiederholter Impfstoffgabe keine ausreichende Antikörperantwort erzielt worden sein, können weitere Maßnahmen ergriffen werden (siehe Robert-Koch-Institut, Epidemiologisches Bulletin 2/2024; https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/epid_bull_node.html).
Beim Medikament Rituximab wird ein deutlicher zeitlicher Abstand zur Impfung empfohlen. Die Impfung soll frühestens 4 Monate nach der letzten Gabe von Rituximab erfolgen und das Medikament soll nach der Impfung in der Regel frühestens nach vier Wochen gegeben werden.
Wer soll eine Auffrischungsimpfung durchführen?
Nach der Grundimmunisierung sollen u.a. folgende Personengruppen zusätzlich bis auf weiteres jährlich im Herbst eine Auffrischungsimpfung gegen COVID-19 erhalten:
- Personen ab 60 Jahren
- Personen ab dem Alter von 6 Monaten mit einer Grunderkrankung, wenn die Grunderkrankung mit einem erhöhten Risiko für einen schweren Verlauf einhergeht aufgrund eines geschwächten Immunsystems (siehe unten).
- Personen ab dem Alter von 6 Monaten, wenn es sich um Familienangehörige oder andere (z.B. pflegende) Personen handelt, die engen Kontakt zu Betroffenen haben, bei denen wiederum nach der Impfung keine schützende Immunantwort zu erwarten ist.
Die jährliche COVID-19-Impfung im Herbst kann ggf. zusammen mit Impfungen gegen Influenza und Pneumokokken erfolgen.
Um die erzielte Schutzwirkung aufrechtzuhalten, kann es bei Personen mit einer Therapie, die das Immunsystem stark unterdrückt (siehe unten), erforderlich sein, zusätzlich zu einer jährlichen Impfung im Herbst noch weitere Impfstoffdosen zu verabreichen.
Quelle: Epidemiologischen Bulletin 2/2024
Besonderheiten für Personen mit geschwächtem Immunsystem
- Bei Patienten mit schwerer immunsupprimierender Therapie (=schwer immundefiziente Patienten) ist die Schutzwirkung der Vakzinierung möglicherweise vermindert bzw. ungewiss. Die gilt insbesondere dann, wenn die Immunsuppression schon während der Impfungen bestand.
- Unter einer schweren immunsupprimierenden Therapie verstehen STIKO und DGRh beispielsweise Patienten unter einer Therapie mit Rituximab und Abatacept. Aber auch Patienten unter hoher Methotrexat-Dosis (z.B. Erwachsene mit > 20 mg/Woche) oder Therapie mit Mycophenolat-Mofetil (MMF), Azathioprin (ab 3 mg pro kg Körpergewicht pro Tag) und Cyclophosphamid fallen hierunter.
- Außerdem zählen Patienten mit einer „Kortison“-Therapie ab 10 mg/Tag (für mehr als zwei Wochen) oder hoch dosierter bzw. sehr hoch dosierte Stoßbehandlung zu den schwer immunsupprimierten Patienten, die nach vier Wochen weitere Impfungen erhalten können.
- Auch Patienten mit entzündlich rheumatischen Erkrankungen, die während eines Schubs geimpft worden sind, sollten nach individueller Risikoabschätzung bereits ab vier Wochen weitere Impfungen im Rahmen der Grundimmunisierung erhalten können.
Quelle: Pressemitteilung der STIKO vom 3.2.2022, Stellungnahme der DGRh vom 29.11.2021, Empfehlungen der DGRh vom 24.2.2022, Epidemiologisches Bulletin 33/2022 des Robert Koch Instituts , Epidemiologischen Bulletin 2/2024
Unterstützung der Impfung bei schwer immundefizienten Rheumapatienten durch prophylaktische Antikörpergabe
- Bei schwer immundefizienten Patienten (siehe oben), insbesondere dann, wenn die Immunsuppression schon während der Impfungen bestand, ist die Schutzwirkung der Impfung möglicherweise vermindert bzw. ungewiss. Im Zweifelsfall kann laut DGRH von einem unzureichenden Schutz ausgegangen werden; selbst dann, wenn ausreichend Antikörper nach der Impfung gefunden wurden (siehe unten).
- Eine passive Immunisierung mit einer Kombination aus monoklonalen Antikörpern soll laut RKI nur noch für Hochrisikopatienten in Betracht gezogen werden. Dazu zählt das RKI zum Beispiel Patienten unter Rituximab-Therapie
- Die Antikörperprophylaxe ist kein Ersatz für die Impfung, sondern eine Ergänzung.
- Die Entscheidung zur Therapie sollte in enger Abstimmung zwischen Rheumatologen und erfahrenen infektiologischen Zentren getroffen werden.
Weitere Details zur Antikörperprophylaxe finden sich auf den Seiten des Robert-Koch-Instituts (im Epidemiologischen Bulletin 8/2023)
Eignen sich die bisherigen Corona-Impfstoffe für Betroffene mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen und sind diese sicher?
Aus Sicht der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie kann der Einsatz sowohl der mRNA-Impfstoffe als auch der Vektorimpfstoffe für Betroffene mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen empfohlen werden. Besonderheiten zu bestimmten Medikamenten und Zeitpunkten sind unten aufgeführt.
Die bisherigen Studien zeigen, dass die Impfung mit den mRNA-Impfstoffen für Menschen mit rheumatischen Erkrankungen sicher ist und in der Regel gut vertragen wird. Außerdem bilden nach diesen Ergebnissen die meisten Rheumapatienten nach der Impfung schützende Antikörper, auch wenn die Antikörperbildung etwas schwächer als bei gesunden Menschen ausgeprägt zu sein scheint.
Nach Einschätzung der DGRh schützt die Impfung die meisten Rheumapatienten trotz der leicht verminderten Antikörper-Antwort vor einer Infektion oder aber wenigstens vor einem schweren Verlauf. Eine nur geringe Anzahl von Impfdurchbrüchen bestätigt den Nutzen der Impfung.
Beim Medikament Rituximab wird ein deutlicher zeitlicher Abstand zur Impfung empfohlen. Die Impfung soll frühestens 4 Monate nach der letzten Gabe von Rituximab erfolgen und das Medikament soll nach der Impfung in der Regel frühestens nach 4 Wochen gegeben werden.
Kann die Impfung einen Rheumaschub auslösen?
Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen vertragen COVID-Impfstoffe gut. Verträglichkeit und Sicherheit entsprechen der Verträglichkeit in der Allgemeinbevölkerung. Ein milder und kurzfristig verlaufender Krankheitsschub ist bei 4,4 Prozent der Rheuma-Patienten beobachtet worden. Nur in 0,6 Prozent der Fälle war der Schub schwerwiegend.
Sollte bei Betroffenen von entzündlich-rheumatischen Erkrankungen ein bestimmter Impfstoff verwendet werden?
Es gibt keine Hinweise, dass einer der Impfstoffe aufgrund der rheumatischen Erkrankung bevorzugt verwendet oder nicht verwendet werden sollte. In einzelnen Fällen kann die Verwendung eine mRNA-Impfstoffes gegenüber einem vektorbasierten Impfstoff bevorzugt in Erwägung gezogen werden. Dies kann dann sinnvoll sein, wenn beispielsweise eine schnelle Wirkung erzielt werden soll, damit anschließend Rituximab sicher eingesetzt werden kann oder bei Patienten über 60 Jahren, die zusätzlich an Antiphospholipidsyndrom (APS) oder einer Immunthrombopenie leiden.
Wann ist der richtige Zeitpunkt für die Impfung?
Die Immunsuppression sollte zum Zeitpunkt der Impfung so gering wie möglich sein. Allerdings sollen Betroffene auf keinen Fall für die Impfung ihre Basistherapie eigenmächtig absetzen oder verändern. Grundsätzlich gilt die Empfehlung, Impfungen nicht während eines Schubes zu verabreichen; ob aber eine Impfung gegen COVID-19 von der aktuellen Krankheitsaktivität abhängig gemacht werden soll, wird noch kontrovers beurteilt.
Die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie empfiehlt nicht grundsätzlich, eine bestehende immunmodulierende / immunsuppressive Therapie wegen einer anstehenden COVID-19-Impfung zu verändern. Auch für Methotrexat wird nicht grundsätzlich eine Therapiepause empfohlen. Als Ausnahme gilt die Gabe von Substanzen, die langanhaltend wirksam die Immunantwort der B-Zellen stören, also Rituximab. Für Betroffene, die diesen Wirkstoff bekommen, sollte der Rheumatologe gemeinsam mit dem Betroffenen über eine Therapiepause oder eine Umstellung auf alternative Therapien erwägen.
Quelle: Empfehlungen der DGRh
Kann der Erfolg der Impfung durch die Bestimmung von Antikörpern (Titerbestimmung) überprüft werden?
Die Bestimmung der Antikörper nach der Impfung wird nicht regelhaft empfohlen. Es ist bisher noch unklar, ob aus dem Vorliegen von Antikörpern auf die Wirksamkeit der Impfung geschlossen werden kann.
Die STIKO empfiehlt lediglich bei schwer immundefizienten Personen (siehe oben) mit einer erwartbar stark verminderten Impfantwort, dass frühestens vier Wochen nach der zweiten Impfstoffdosis UND frühestens vier Wochen nach der dritten Impfstoffdosis jeweils eine Antikörper-Bestimmung erfolgen soll.
Die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie (DGRH) sieht die Bestimmung der Antikörper bei einem größeren Personenkreis als die STIKO. Laut DGRh kann die Antikörperbestimmung schon dann sinnvoll sein, wenn aufgrund verschiedener Faktoren (Alter, Medikation etc.) Zweifel am Vorliegen einer angemessenen Impfantwort vorhanden sind.
Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen, die keine Impfantwort zeigen, sind als besonders gefährdet zu betrachten. Bei Patienten mit geringer oder nicht vorhandener Impfantwort können weitere Impfungen oder in besonderen Fällen eine prophylaktische Antikörpergabe (siehe oben) in Betracht gezogen werden.
Was ist bei der Corona-Impfung für Kinder zu beachten?
Für Kinder zwischen sechs Monaten bis 17 Jahren mit einer Grunderkrankung empfiehlt das Robert-Koch-Institut die Impfung gegen COVID-19, wenn die Grunderkrankung mit einem erhöhten Risiko für einen schweren Verlauf einhergeht (siehe oben). Die Basisimmunität wird durch drei Impfungen gegen COVID-19 erreicht. Die Anzahl kann sich verringern, wenn zwischenzeitlich eine COVID-19-Infektion vorlag.
Die Anzahl der Impfungen zur Grundimmunisierung kann sich erhöhen bei Kindern mit einer Therapie, die das Immunsystem stark unterdrückt. Der Impferfolg kann mittels spezifischer Antikörper gegen das SARS-CoV-2-Spikeprotein überprüft werden. Dies sollte frühestens 4 Wochen nach Verabreichung einer Impfstoffdosis erfolgen.
Zusätzlich sollen diese Kinder bis auf weiteres jährlich im Herbst eine Auffrischungsimpfung gegen COVID-19 erhalten. Um die erzielte Schutzwirkung aufrechtzuhalten, kann es bei Kindern mit einer Therapie, die das Immunsystem stark unterdrückt (siehe oben), erforderlich sein, zusätzlich zu einer jährlichen Impfung im Herbst noch weitere Impfstoffdosen zu verabreichen.
Weitere Informationen finden Sie im Epidemiologischen Bulletin 2/2024 (https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2024/Ausgaben/02_24.pdf?__blob=publicationFile).
Sind die vorhandenen Impfstoffe Tot- oder Lebendimpfstoffe?
Totimpfstoffe sind bei Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen und bei Patienten unter entsprechender Therapie uneingeschränkt einsetzbar.
Der erste klassische Totimpfstoff gegen SARS-CoV-2 lag mit Nuvaxovid vor. Weitere befinden sich in der Entwicklung. Dies sind Impfstoffe, bei denen z.B. Eiweiße des Virus gemeinsam mit Hilfsstoffen (Wirkstverstärkern) verabreicht werden.
Die Impfstoffe der Firmen Biontech/Pfizer und Moderna Biotech basieren auf mRNA (Boten-RNA) und sind ebenfalls als Totimpfstoffe anzusehen.
Der Impfstoff der Firma Janssen-Cilag basiert auf Viren, die sich NICHT im Körper vermehren können. Damit erfüllen auch diese Impfstoffe nicht die Definition eines Lebendimpfstoffes, sondern werden als „Vektor-Impfstoff“ oder „Vektor-basierter Impfstoff“ bezeichnet.
Was passiert mit der Erbinformation aus dem Impfstoff im menschlichen Körper?
Die Impfung mit mRNA oder den Vektor-Impfstoffen stellt den Körperzellen des geimpften Menschen vorübergehend eine Bauanleitung für Eiweißstoffe zur Verfügung, die typisch für das Virus sind. Diese Eiweiße führen wie bei anderen Impfungen dazu, dass das Immunsystem einschlägige Antikörper herstellt. Bei einer tatsächlichen Ansteckung mit dem Coronavirus kann das Immunsystem rascher reagieren.
Sowohl die mRNA als auch die DNA der Vektor-Impfstoffe werden in der Körperzelle abgebaut und haben keinen Einfluss auf das Erbgut der menschlichen Zellen. Außerdem kann der Organismus aus den injizierten Substanzen keine kompletten oder infektiösen Viruspartikel zusammensetzen. Die Vektor-Impfstoffe werden vom körpereigenen Immunsystem kontrolliert und nach kurzer Zeit eliminiert.
Welche Impfungen sind außerdem wichtig?
Unabhängig vom Coronavirus sollten Rheuma-Betroffene sich gegen Pneumokokken (bestimmte Erreger schwerer Lungenentzündungen) und Influenza-Grippe impfen lassen. Ein Mindestabstand von 14 Tagen vor und nach jeder Impfung gegen SARS-CoV-2 sollte bei Impfungen mit Lebendimpfstoffen eingehalten werden. Zwischen COVID-19-Impfungen und der Verabreichung anderer Totimpfstoffe muss kein Impfabstand eingehalten werden.
Weitere Informationen zum Thema Impfschutz für Menschen mit rheumatischen Erkrankungen lesen Sie hier.
Weitere Informationen
Weitere Informationen zur Corona-Impfung finden Sie auf der Internetseite des Bundesministeriums für Gesundheit. Außerdem stellt das Robert-Koch-Institut auf seiner Internetseite Faktenblätter zum Impfen bereit. Lesen Sie auch die Patientenversion der Deutschen Rheuma-Liga und der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie zu den Handlungsempfehlungen für die Betreuung und Impfung von Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen im Rahmen der COVID-19 (Coronavirus)-Pandemie.