Die Kompaktkur gehört zu den ambulanten Vorsorgeleistungen der gesetzlichen Krankenkassen*. Sie wird ärztlich verschrieben sowie koordiniert. Erwerbstätige müssen keinen Urlaub dafür nehmen.
Mit Urlaub hat diese Vorsorgeleistung auch wenig gemein: Die Behandlungen, von Physio- über Schmerzbis zur Psychotherapie, nehmen mindestens vier bis fünf Stunden täglich in Anspruch.
Es gibt eine feste Gruppe mit Gruppenleitung und regelmäßige ärztliche Termine. Interdisziplinäre Qualitätszirkel der Leistungserbringer am Kurort sollen sicherstellen, dass das Therapieangebot höchsten Standards entspricht – wie bei stationären Aufenthalten. Auch an die Nachsorge ist gedacht – das Gelernte soll in Kooperation mit Behandlungsteams am Wohnort dauerhaft das Wohlbefinden verbessern.
Wie bei einem Urlaub, so bleiben die Kosten für Unterkunft und Verpflegung an denjenigen hängen, die die Kompaktkur machen. Die Krankenkassen beteiligen sich in der Regel nur mit 16 Euro pro Tag oder Pauschalen von 100 Euro für den gesamten Aufenthalt.
Hinzu kommen für volljährige Versicherte die Zuzahlungen von zehn Prozent der Kosten für Heilmittel. Dafür genießen alle, die Kompaktkuren buchen, gewisse Freiheiten: Sie entscheiden, ob sie das schicke Hotel mit Berg- oder Seeblick buchen, die Ferienwohnung, in die die ganze Familie mitkommen kann, oder die Pension, die auch den Hund willkommen heißt. Das macht die Kompaktkur für viele interessant, denen die ambulante Vorsorgeleistung zu nah am Alltag, aber der stationäre Aufenthalt zu separiert und zu reglementiert ist.
Welche Erkrankungen stehen im Fokus?
Kompaktkuren werden in anerkannten Kurorten mit hohem Gesundheitswert angeboten, und zwar zu festgelegten Terminen für feststehende Indikationen. Ähnlich wie bei einer stationären Schwerpunktkur, so starten auch hier kleine Gruppen aus maximal 15 Personen mit ähnlichen Diagnosen zur selben Zeit mit ihrem Programm und schließen es auch gleichzeitig ab – in der Regel nach genau drei Wochen.
Indikationen für eine Kompaktkur sind unter anderem Arthrosen, Fibromyalgie und auch entzündlich-rheumatische Erkrankungen wie Morbus Bechterew und rheumatoide Arthritis, Osteoporose sowie der Zustand nach Gelenkersatz an Knien und Hüfte.
Verlängerungen oder das Splitten von Kompaktkuren sind möglich, wenn es aus ärztlicher Sicht sinnvoll ist.
Wie sieht das Kurprogramm aus?
Auf dem Programm stehen bei der Kompaktkur aufeinander abgestimmte Kurse und Anwendungen, vor allem aus den Bereichen:
- Verhaltenstherapie, Gesundheitsbildung
- Bewegungstherapie
- Physikalische Therapie, Bäder- und Hydrotherapie
- Indikationsbezogene Therapien beziehungsweise ergänzende Maßnahmen wie Rücken-, Haltungs- oder Atmungsschule, Kältetherapie
- Ernährungstherapie
- Entspannungstherapie
Am Ende jeder Kompaktkur steht die Nachsorge im Fokus: Wie soll es im Alltag weitergehen, welche Bestandteile der Kur bleiben wichtig? So soll der dauerhafte Erfolg gesichert werden. Frühestens nach drei Jahren ist eine erneute Kompaktkur möglich, wobei Ausnahmen möglich sind, wenn die Gesundheit es erfordert.
Kurmodell fristet Nischendasein
Klingt attraktiv, aber vielen ist das Angebot unbekannt. Selbst die chronisch Erkrankten und die Kurerfahrenen im Netzwerk der Autorin hatten keine persönliche Erfahrung mit Kompaktkuren. Auch die Medien spiegeln mangelnde Begeisterung der Zielgruppe wider. Vielleicht liegt es mit an der Konkurrenz auf dem Reisemarkt: Wer trotz häufiger Beschwerden noch Dinge selbst organisieren kann, tendiert vielleicht zu den von vielen privaten Anbietern organisierten „Kur-Urlauben“: Auch hier warten wichtige und hochwertige Anwendungen – oft im Ausland, oft zu günstigen Komplettpreisen –, sodass die Unterstützung durch die Krankenkasse an Reiz verliert.
Eine Anfrage bei mehreren deutschen Krankenkassen legt ebenfalls nahe, dass Kompaktkuren derzeit eher ein Nischendasein führen. „Bei einer Antragszahl ambulanter Kuren 2023 in Höhe von rund 7.400 beträgt der Anteil von Kompaktkuren lediglich 0,3 Prozent“, meldet etwa die Techniker Krankenkasse. „Das ist ein verschwindend geringer Anteil. Im Vergleich zu den klassischen stationären Kuren beträgt der Anteil von Kompaktkuren sogar nur 0,04 Prozent.“
„Kompaktkuren spielen in der Versorgung nur eine untergeordnete Rolle“, bestätigt die Pressestelle der Barmer Ersatzkasse. „Im vergangenen Jahr haben nur wenige Dutzend Barmer-Versicherte eine Kompaktkur in Anspruch genommen.“ Daraus ließen sich aber keine kausalen Zusammenhänge ableiten, was die Beliebtheit von Kompaktkuren betrifft – schließlich richte sich die Wahl bei der Kurform in erster Linie nach dem, was der behandelnde Arzt für medizinisch notwendig erachtet.
„Zudem spielt die individuelle körperliche und geistige Eignung des Patienten eine Rolle. Bei einer entsprechend schweren Erkrankung wird im Zweifelsfall keine Kompaktkur, sondern nur eine stationäre Kur infrage kommen“, so die Barmer.
Antrag beim Arzt stellen
Die besten Ansprechpartner zum Thema Kompaktkur sind Ärzte des Vertrauens: die Rheumatologin, der Hausarzt etc. Im Idealfall findet er oder sie diese Leistung nicht nur hilfreich und sinnvoll, sondern kennt auch eine geeignete Kompaktkur beziehungsweise einen geeigneten Kurort. Wenn ja, stellt der Arzt oder die Ärztin den Kurantrag, den anschließend die Krankenkasse erhält.
Der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK) prüft den Antrag abschließend. Nach Bewilligung kann es losgehen. Für diesen Prozess sind in der Regel mindestens zwei Monate Vorlauf zu erwarten. Bei der Suche einer Unterkunft helfen in der Regel gern die Kur- und Gästeservices der Kurorte.
Suche auf eigene Faust
Kann der Arzt nicht weiterhelfen, kann man im Internet selbst auf die Suche gehen. Doch Vorsicht, es gibt keine vollständige Übersichtsseite. Unter www.kurortregister.de/kompaktkur.aspx findet sich eine Liste infrage kommender Kurorte mit Indikationen, allerdings mit fehlerhaften Verlinkungen.
Ertragreicher ist die Suchmaschinensuche mit den Begriffen „Kompaktkur“ und verschiedenen Indikationen wie „Erschöpfung“, „rheumatoide Arthritis“ oder „Osteoporose“. Hier führt der Weg direkt zu Seiten derjenigen Kurorte, die aktuell Kompaktkuren anbieten. Viele Fragen können die jeweiligen Kurverwaltungen klären. Vor allem die, ob der eigene Gesundheitszustand, die Persönlichkeit und das konkrete Angebot in diesem Kurort zusammenpassen könnten – sodass die Kompaktkur tatsächlich ein erster Schritt zu mehr Wohlbefinden wird.
*Für Privatversicherte gibt es je nach Vertrag beziehungsweise Zusatzvertrag ähnliche Vorsorgeleistungen
Autorin: Petra Plaum
Dieser Text erschien zuerst in der Mitgliederzeitschrift "mobil", Ausgabe 2-2024. Sechs Mal im Jahr erhalten nur Mitglieder der Deutschen Rheuma-Liga die Zeitschrift (jetzt Mitglied werden).